Mit Box-Sportlerin Anne Cravaack im Interview

Schwerin-News stellt Mecklenburgs „Box-Lady Nr.1“ vor …

Anne CravaackDie Hanseatin Anne Cravaack ist mittlerweile die „Box-Lady Nr.1“ in M-V, was nicht nur ihrer bisherigen, beeindruckenden Erfolgsserie – u.a. ein deutscher Meistertitel und zwei Landesmeistertitel – zu verdanken ist, sondern auch an ihrem sympathischen Auftreten sowie ihrer äußeren Attraktivität liegt.

Seit 2003 hat sich das boxsportliche Model dem Faustkampf verschrieben und trainiert, wenn es die Arbeitszeit erlaubt, zwei- bis dreimal wöchentlich bei ihrem Trainer Holger Rosenthal (PSV Wismar).

Die 18jährige Wismaranerin absolviert seit September 2007 eine Ausbildung bei den Fietz-Restaurantbetrieben, vorwiegend bei McDonald´s Wismar.

Sportlich landete Anne bei den deutschen Juniorinnen-Meisterschaften in Berlin einen „goldenen Treffer“. Im Finale des Federgewichtes bezwang sie die Schwerinerin Claudia Schulz (BSC Schwerin) mit 46:14 Punkten.

Frage: Anne, Frauen-Boxen ist seit den großen Erfolgen von Regina Halmich, die gerade ihre aktive Laufbahn beendet hat, hierzulande „in“.

Mit Susi Kentikian, Julia Sahin oder Ina Menzer stehen bereits erfolgreiche Athletinnen als neue deutsche „Box-Queens“ bereit.

War und ist Regina Halmich ein Vorbild für Dich ? Wie ist Deine Meinung zum aktuellen nationalen Frauen-Boxsport ?

Anne C.: Natürlich ist Regina Halmich eine außergewöhnliche Frau und Boxsportlerin. Sie hat das Frauen-Boxen ungemein populär gemacht und unserer Sportart damit einen ungemeinen Schub verliehen.

Ohne Regina Halmich ist der internationale Frauen-Boxsport schon ärmer … Mit Susi Kentikian ist aber eine sehr gute Nachfolgerin bereits in Sicht. Sie hat sich bisher weltmeisterlich geschlagen und besitzt ein enormes Talent für das Frauen-Boxen.

Frage: In diesem Jahr wurdest Du deutsche Junioren-Meisterin, konntest im Finale mit Claudia Schulz ausgerechnet eine Schwerinerin bezwingen.
Bereits 2006, in Herrischried, belegtest Du Rang zwei.

Ging mit dem Erfolg 2007 für Dich ein „Traum“ in Erfüllung ?

Anne Cravaack im RingAnne C.: Der Meistertitel war ein heimliches Ziel, aber in diesem Jahr mußte ich aufgrund meiner Ausbildung bei „McDonals`s“ boxsportlich etwas kürzer treten.

Fünf Monate mußte ich gar auf das Training verzichten, habe mich dann vor den Meisterschaften aber zielstrebig und intensiv vorbereitet.

So trainierte ich drei Wochen vor den Titelkämpfen täglich. Ja, letztendlich ging mit dem Meistertitel ein Traum in Erfüllung.

Frage: Du entsprichst, wie auch Regina Halmich oder Ina Menzer, nicht gerade dem Klischee einer „kampfbetonten, vermännlichten Amazone“.

Eigentlich wirkst Du eher wie ein Model, das sich weniger für den Boxkampf als vielmehr als „Nummern-Girl“ für das Anzeigen der nächsten Box-Runde eignet …

Täuscht der „erste Eindruck“ ?!

Anne C.Anne C.: Tja, der täuscht gewaltig. Wir können das ja gleich praktisch „ausknobeln“ 🙂

Als ich vor vier Jahren, 2003, mit dem Boxen anfing, gab es nicht sehr viele aktive Mädchen in Wismar. Da mußte ich schon gegen die Jungs, auch die schweren, boxen.

Der eine oder andere Sparringskampf gegen das „vermeintlich starke Geschlecht“ gab mir die notwendige Wettkampf-Härte.

Zwar kostete das boxsportliche „Zuschlagen“ anfangs Überwindung, aber inzwischen gilt für mich vor jedem Kampf das Motto meines Trainers Holger Rosenthal: „Unbedingt treffen und nicht getroffen werden !“.

Frage: Boxen und Frauen. Noch vor 15 Jahren ein „Widerspruch in sich“. Wie kamst Du zum Boxsport ? Neugier auf das „Ungewöhnliche“, hilfreiche Aktivität zum Frust-Abbau oder echtes Interesse für den Boxsport ?

Anne C.: Na, na, so ein „Widerspruch“ ist das gar nicht. Ich empfand das Boxen stets als interessante und abwechslungsreiche Sportart.

Mein Vater, ein ehemaliger Kanu-Sportler, und mein Freund haben da eher ein ambivalentes Verhältnis, während meine Mutter sich ebenfalls fürs Boxen begeistern kann … (Aber zu meinen Kämpfen kommt die Familie dann doch komplett !).

Eigentlich wollte ich ursprünglich zum Kick-Boxen, doch das wurde in Wismar leider nicht angeboten und so kam ich 2003 „über“ meinen Bruder, damals selbst noch aktiv im Boxring, zum „normalen“ Boxsport.

Anne C. im Boxer-OutfitFrage: Du startest im Federgewicht, bist durchtrainiert sowie „rank und schlank“. Nun bist Du in einer Ausbildung bei „Mc Donald´s“.

Könnte es passieren, dass Du nach Ende der Lehre – aufgrund der dortigen „leckeren Speisen“ – einige Gewichtsklassen höher starten musst … Oder bist Du eher ein Schorle-, Joghurt- oder Salat-Freak ?

Anne C.: Also, Salate und Schorle sind alles andere als „meine Grundnahrungsmittel“.

Ich liebe „Pommes“ und „Burger“, die könnte ich „ohne Ende“ schlemmen (sagt eine grazile Athletin – Anm.d.Autors !).

Ob ich mein ideales Wettkampfgewicht zur Zeit aufweise, glaube ich eher nicht – ein bis zwei Kilo mehr als zu den Meisterschaften 2007 sind es wohl schon.

Aber die zusätzlichen Kilos trainiere ich vor den Kämpfen schnell wieder ab. Eine Woche intensives Training und ich habe mein Wettkampfgewicht wieder zurück !

Nicht vergessen: Einmal am Tag sollte jeder „kulinarisch sündigen“ !

Frage: Frauen-Boxen war 1904 in St.Louis/USA olympische Demonstrationssportart und wird es 2012 bei den Olympischen Spielen in London wieder sein.

Hegst Du olympische Ambitionen ? Oder ist der Boxsport für Dich eine angenehme Freizeitgestaltung ?

Anne C.: Der Boxsport wird vorerst mein Hobby bleiben. Mein Trainer meint, dass es nun, beim Wechsel von der Juniorinnen- in die Elite-Klasse (Frauen), eine einjährige Wettkampf-Pause aus sportlicher Sicht empfehlenswert ist.

Gerade in der Elite-Klasse wird noch viel härter, anspruchsvoller geboxt. Ein intensives Vorbereitungstraining darauf wäre also sinnvoll.

Wahrscheinlich wird man mich 2008 nicht bei Meisterschaften erleben, aber ich werde – bei Berücksichtigung meiner Ausbildung – weiter boxsportlich trainieren.

Frage: Kürzlich fanden die Amateur-Box-WM in Chicago statt. Die deutschen Faustkämpfer blieben erstmals seit der deutschen Vereinigung ohne Edelmetall.

Dominant waren die Boxer aus der früheren Sowjetunion (Russland 3 x Gold, Kasachstan und Usbekistan je 1 x Gold), aus Italien (2 x Gold) und aus den USA (2 x Gold). England und China, der Gastgeber der Olympischen Spiele im nächsten Jahr, erkämpften relativ überraschend jeweils einen Titel.

Wie beurteilst Du die Lage im deutschen Amateur-Boxsport ?

Anne C.: Das Problem im internationalen Amateur-Boxsport ist es, dass viele sehr talentierte Boxsportler sofort nach ersten Erfolgen im Amateur-Bereich zum lukrativen Profi-Boxen wechseln.

Das war einmal anders, Cassius Clay oder Wladimir Klitschko wurden auch erst Olympiasieger bevor sie zu den Profis wechselten. Vielleicht gelingt es ja den deutschen Box-Klubs in Zukunft stärker, ihre Talente im Amateur-Boxsport zu halten.

Sicherlich ist dann auch eine bessere Förderung – in Verbindung mit einer beruflichen Ausbildung – der jeweiligen Amateur-Boxer notwendig !

Frage: Marcel Meyerdiercks, Wismars Top-Boxsportler, wechselte in diesem Jahr zu den Profis. Wie sind dessen Chancen auf einen nachhaltigen Erfolg dort – aus Deiner persönlichen Sicht ?

Anne C.: Marcel hatte einen klasse Einstieg in den Profi-Bereich. Ich konnte ihn ja live beim Kampf-Abend in Berlin im September 2007 erleben. Er hat eine gute Technik und boxt taktisch klug.

Einer erfolgreichen Karriere von Marcel bei den Profis sollte nichts im Wege stehen.

Anne CravaackFrage: Was macht eine deutsche Box-Meisterin aus M-V eigentlich in der Freizeit – außer „Fastfood essen“ ?!

Bist Du oft auf den „Pisten“ in Wismar, Schwerin und Umgebung oder lässt dieses Dein gesunder, sportlicher Lebenswandel nicht zu ?

Anne C.: Meine Arbeit bei „McDonalds`s“ macht mir schon sehr viel Spass. Allerdings heißt das auch, dass ich die eine oder andere „Nachtschicht“ schiebe und danach falle ich „ins Bett“, mag dann nicht noch „groß“ um die „Häuser ziehen“.

Bin ich allerdings bei meinem Freund in Schwerin, der auch in einer System-Gastronomie arbeitet, gehen wir schon „ab und zu“ ins „Achteck“ Schwerin oder ins Kino.

Ansonsten treffe ich mich gern mit meinen Bekannten in Wismar. Außerdem bin ich ein „Puzzle-Fan“ …
(Was natürlich hilfreich ist, wenn man die Gegnerin „zerlegt“ hat …-Anm.d.A. ! 🙂 )

Frage: Das Jahr 2007 ist bald Vergangenheit. Welche Ziele, Wünsche und Hoffnungen hast Du für das Jahr 2008 – sportlich wie persönlich ?

Anne C.: Im Mai 2008 muß ich meine theoretischen Prüfungen im Rahmen meiner Ausbildung zur „Fachfrau für System-Gastronomie“ an der Berufsschule Rostock erfolgreich bestehen – für mich das ganz große Ziel 2008.

Und danach hoffe ich sehr, dass ich auch übernommen werde, denn die Tätigkeit in einer System-Gastronomie ist für mich ungemein interessant und abwechslungsreich – ähnliche Eigenschaften bietet nur der Boxsport !

Dem Boxen (und meinem Freund) werde ich auch 2008 treu bleiben.

Tja, und sonst … Vielleicht könnte Heidi Klum mal einen Werbespot bei „McDonald`s“ in Wismar drehen. Wäre ganz cool, sie hautnah kennenzulernen …

Marko Michels (T/F)

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