Schuldnerberatung Lichtblick des Diakoniewerks legt Jahresbericht vor

Jeder fünfte Haushalt überschuldet

Eine weitere Verschärfung der Schuldensituation bei privaten Haushalten stellt die Schuldnerberatung Lichtblick des Diakoniewerks Neues Ufer in ihrem Jahresbericht 2007 fest. Statistisch gesehen übersteigen die Ausgaben in jedem fünften Schweriner Haushalt (22,8 Prozent) dauerhaft die Einnahmen. Im Vorjahr lag die Überschuldungsquote bei 21 Prozent. Durchschnittlich 20.000 Euro Schulden drücken jeden Klienten der Beratungsstelle. Insgesamt 626 Klienten hat Lichtblick 2007 betreut, 330 Kurzberatungen fanden statt und auf der Warteliste finden sich noch einmal 247 Ratsuchende.

Steigender Bedarf – nur noch eine Schuldnerberatung
Seit dem 1. Januar ist die Beratungsstelle Lichtblick die einzige Schuldnerberatung in Schwerin. Der Arbeitslosenverband hat sein Angebot zum 1. Januar geschlossen. Die beiden Mitarbeiter konnten zwar vom Diakoniewerk Neues Ufer übernommen werden, dennoch stehen der Landeshauptstadt derzeit statt vier nur noch 3,2 Vollzeitkräfte für die Beratung zur Verfügung. Das Diakoniewerk hat einen Antrag auf eine weitere 65-Prozent-Stelle eingereicht. Zur Wartezeit kann bereits seit September 2007 keine statistische Aussage mehr getroffen werden, nur ein Drittel des Bedarfs konnten die Berater abdecken: „Mit drei Vollzeitkräften können wir etwa 150 Klienten in diesem Jahr neu aufnehmen. Bereits jetzt, Mitte Januar, haben wir 25 Ratsuchende neu auf der Warteliste. Legt man den derzeitigen Bedarf zu Grunde, müssten in Schwerin 13 Vollzeitkräfte in der Schuldnerberatung tätig sein“, sagt der Leiter der Beratungsstelle, Siegfried Jürgensen. Dennoch stellen die Mitarbeiter Kurzberatungen sicher, die dazu dienen, akute Notlagen zu erkennen und in diesen Fällen eine Krisenintervention einzuleiten. Akute Notlagen sind zum Beispiel der drohende Verlust der Wohnung oder der Energielieferungen.

Eigenanteil des Träger steigt – Spenden werden immer wichtiger Schuldnerberatung ist für die Träger ein Zuschussgeschäft. Kommune und Land finanzieren jeweils 45 Prozent der Kosten, zehn Prozent bleiben beim Träger. Im Falle der Schuldnerberatung Lichtblick hat sich der Eigenanteil des Diakoniewerks Neues Ufer mit der Erweiterung von 12.000 Euro auf 22.000 Euro erhöht – sollte die zusätzliche Stelle genehmigt werden, steigt dieser Eigenanteil nochmals. „Wir sind auf Spenden und Zuwendungen, etwa aus Bußgeldern, dringend angewiesen“, erklärt Siegfried Jürgensen. Im Jahr 2007 standen dank des Engagements der Sparkasse Mecklenburg-Schwerin (2.000 Euro), der Bürger für Schwerin e.V. (650 Euro) und der Gerichte (800 Euro) auch Spenden beziehungsweise Bußgelder für die Arbeit bereit.

Spielräume werden kleiner
Hauptursachen für eine Überschuldung sind Erkrankung, Sucht oder Unfall, aber auch die Trennung vom Partner oder dessen Tod, Arbeitslosigkeit und überzogenes Konsumverhalten führen verstärkt zu Überschuldung. Was die jungen Klienten betrifft, so konstatiert Siegfried Jürgensen eine „fehlende Allgemeinbildung in finanziellen Fragen“. 24 Prozent der Klienten sind unter 27 Jahren, Schulden aus der Nutzung von Mobiltelefonen belaufen sich auf durchschnittlich 840 Euro. Insbesondere der Zusammenhang von Kinderarmut und Überschuldung sei viel zu wenig beachtet, betont Siegfried Jürgensen: „Überschuldung eines Haushalts bedeutet in der Regel, dass ganze Familien betroffen sind. Kinder leiden sowohl materiell als auch psychisch besonders unter dieser Notlage“, so der Schuldnerberater. Zum ersten Mal seit Bestehen der Schuldnerberatung verfügte 2007 keiner der neu aufgenommenen Klienten noch über ein pfändbares Einkommen – zwei Drittel hatten keine Privathaftpflichtversicherung und nur sechs Prozent zahlten in eine private Altersvorsorge ein. „Wir sehen, dass bestehende Überschuldung auch das Risiko, noch tiefer in die Schulden zu geraten, enorm erhöht“, so Jürgensen.

Geänderte Berechnungsgrundlage
Bis 2007 gingen die statistischen Berechnungen der Überschuldungsquote davon aus, dass etwa 15 Prozent der Betroffenen den Weg zu einer Beratungsstelle finden. „Zu uns kommen wirklich nur die, denen das Wasser bis zum Hals steht“, sagt Siegfried Jürgensen. In ihrem 2. Armuts- und Reichtumsbericht allerdings spricht die Bundesregierung davon, dass lediglich elf Prozent eine Beratung in Anspruch nehmen. „Diese Zahl legen wir von nun an auch für unsere Berechnungen als Maßstab zu Grunde“, so Jürgensen.

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