Schwerin im Jubel …

BUGA, Filmkunstfest, Toleranz und Vielfalt – alles „super“ ?!

SchlossMan kann, man darf sich in der Landeshauptstadt wieder einmal auf die Schultern klopfen. Schwerin ist BUGA-Stadt, „Ort der Vielfalt“, Austragungsstätte eines filmischen und künstlerischen Festivals, Stätte eine überflüssiges IHK-Neubaus mit personellen Konsequenzen und Forum basisdemokratischer Entscheidungen.

SchlossAlles gut, alles läuft, alles wächst und gedeiht. Hat man sich – mit Hilfe des Geldes von „Otto und Ottilie Normalverbraucher“ – auch einiges kosten lassen.
Schaut man sich in Schwerin so um, sieht man jede Menge selbstzufriedener Schlipsträger und Blusenträgerinnen oder sogar Blusenträgerinnen mit Schlips. Devise lautet in Schwerin und in der Region: „Mecklenburg jetzt freue `dir` !“.

Man hat etwas geschafft ! Was das BUGA-Areal betrifft: ein echter Hingucker ! Was das Filmkunstfest anbelangt: ein echter Leuchtturm für wirklich anspruchsvolle, realitätsnahe Filme. Die beschlossene Stiftung eines „Annette-Köppinger-Preises für Integration und Menschlichkeit“ – eine richtige, notwendige Ehrung nicht nur für kommende engagierte Preisträger, sondern gerade für eine mutige Frau, die sich gegen Widerstände für mehr Toleranz und Verständnis in Schwerin, in M-V und anderswo einsetzte.

Nur bei allem Schulterklopfen der jeweiligen Protagonisten der einzelnen Veranstaltungen gilt: Diejenigen, die heutige selbstgefällig, durchgestylt und überheblich in die Kameras grinsen, sind diejenigen, die am wenigsten Grund zur Zufriedenheit haben sollten.
Letztendlich wurden – nicht immer, aber immer öfter – Werte geschaffen, mit dem Geld, was ihnen nicht gehörte, sondern vom gemeinen Volk erarbeitet wurde, aus „dessen Mitte“ nur die wenigsten – sei es aus finanziellen, materiellen oder zeitlichen Gründen – in den Genuss von Tulpen, Filmen und Toleranz kommen werden.

ToleranzSo schön das BUGA-Areal ist, es wird abzuwarten sein, wie nachhaltig dieses Ereignis tatsächlich Wirkung für Schwerin entfalten wird, denn „Events“ mit oder ohne Blumen gibt es überall auf der Welt in exorbitanter Anzahl, mit jeweils kurzzeitigem, starkem Medien-Interesse. Und am Ende sollte ja zumindest eine „schwarze Null“ stehen .. Wenn Schwerin von der Bundesregierung als „Ort der Vielfalt“ ausgezeichnet wird, dank des Einsatzes von Menschen, die nun nicht immer ihr Konterfei in die eingeschalteten Kameras halten, sollte auch hinterfragt werden, ob es tatsächlich so viel Toleranz und Verständnis im Umgang mit Andersdenkenden in Schwerin, aber auch in M-V, allgemein gibt.

Ob die praktizierten Rezepte gegen Rechtsextremismus tatsächlich etwas zum Zurückdrängen der rechten Extremisten beitrugen ? Wann tatsächlich „klare Kante“ im Umgang mit der DDR-Vergangenheit gezeigt wird, oder ob sich Widerständler und Nicht-Angepasste in der zweiten deutschen Diktatur weiterhin als „Opfer zweiter Klasse“ fühlen müssen ? Und nicht zu vergessen: Ob es nicht sinnvoll wäre, eine echte „Bestandsaufnahme“ zum Miteinander von Schwerinern und Neu-Schwerinern aus allen Teilen der Welt zu machen ?

Auch das 19.Filmkunstfest hatte seit seinem Bestehen viele Förderer und Protagonisten. Nicht alle sind mehr dabei – aus den unterschiedlichsten Gründen. Das schmälert nicht den Erfolg der „Film M-V gGmbH“ und das große Engagement von Hasso Hartmann und Torsten Jahn – im Gegenteil. Aber es gibt auch andere „Filmschaffende“ im Lande, die einst dem Filmkunstfest verbunden waren. Vielleicht wäre ein „Runder Tisch“ zur Koordinierung und Bündelung aller Kräfte in „Sachen Film plus Kunst“ in M-V ganz sinnvoll ?

Ja, auch Basisdemokratie kann da mitunter helfen – wenn auch nicht immer.
Nun wurde der Antrag auf Umbenennung der Karl-Kleinschmidt-Strasse seitens der gemeinsamen Fraktion von CDU und Liberalen in Schwerin zurückgezogen. „Viele“ hatten etwas dagegen. Ja, Karl Kleinschmidt war ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus, aber leider begrenzte sich sein Widerstand auf die „rechten Gegner“ einer Demokratie. Nach 1945 gehörte er nach anfänglicher Skepsis als Pastor und Sozialdemokrat zu den glühenden Verfechtern einer „Vereinigung“ von KPD und SPD 1946 in der sowjetischen Besatzungszone, in Mecklenburg.

Er wurde zu einem Wortführer der SED innerhalb der evangelischen Kirche Mecklenburgs, verteufelte die Bundesrepublik, übte ätzende Kritik an Bundeskanzler Konrad Adenauer und am SPD-Vorsitzenden und NS- wie KPD-Gegner Kurt Schumacher. Als Sozialdemokraten, die gegen die Vereinigung mit der KPD aufbegehrten, verhaftet, ihrer Ämter enthoben oder sogar getötet wurden, blieb Kleinschmidt hingegen stumm. Mehr als 20000 Sozialdemokraten in Mecklenburg-Vorpommern mußten bis 1961 nach Westdeutschland flüchten, z.B. Bürgermeister Albert Kruse, wurden ihres Amtes enthoben, wie z.B. Rostocks Oberbürgermeister Albert Schulz, wurden politisch kaltgestellt, wie z.B. Wismars Landrat Robert Brinkmann, oder sogar ermordet, wie z.B. der frühere persönliche Referent des Ministerpräsidenten Wilhelm Höcker, Hans-Joachim Roskam. Kleinschmidt ignorierte diese Schicksale – als offizieller Mann der Kirche und früherer Sozialdemokrat in den Jahren nach 1945 ein „Untertan“ im Sinne Heinrich Manns.

Allein dieses Verhalten nach 1945 disqualifiziert Kleinschmidt, weiterhin den Namen einer Straße in Schwerin zu zieren.
Seine Agitation in bester stalinistischer Manier, seine Kontakte zum russischen Geheimdienst wie zum Kommissariat 5 zeugen von einem Mann, der alles war, aber mit Sicherheit kein Demokrat.

Aber, wie so oft, in Schwerin und M-V, Unangenehmes, nicht vorteilhaft Vergangenes wird verdrängt, am besten totgeschwiegen. Es stört „den Glamour und die Gloria“. Man ist ja vielfältige BUGA-Stadt, Sportstadt sowieso, ein Ort der Liebenswürdigkeit, aber auch des Vergessens und Ignorierens. Man darf stolz sein. Man „bruncht“ beim Filme mit BUGA-Blumen als Dekoration ,und isst dabei vielleicht „Sushi“ von der Meisterschale des SSC. Zur Abwechslung gibt es Schulterklopfen, schöne Reden von schönen Rednerinnen und Schönrednern sowie nette Unterhaltung von der begleitenden „Kapelle“.

Es gilt einen guten Eindruck zu machen – vor Kommunal-, Europa- und Bundestagswahlen.
Wer weiß schon wie die „Welt“ – auch in Schwerin – ab Oktober 2009 ff. aussehen wird …
Also „Film ab“, „Blumen her“ und „Toleranz geübt“ – da wirkt die Realität doch gleich ein wenig „hübscher“.

M.Michels

F.: M.M. (3)

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