Schwimmerin Britta Kamrau im Interview

Mit „Flipper“ zur Olympia-Medaille …

Britta Kamrau-CoresteinGeschätztes Alter 18, tatsächliches Alter 28 – die ewig junge Langstreckenschwimmerin Britta Kamrau-Corestein „nimmt Kurs“ auf „Peking 2008“.

Seit mehr als einem Jahrzehnt gehört die Hanseatin zur nationalen und internationalen Elite in der erstmals olympischen Disziplin.
 
Im zurückliegenden Jahr wurde die Athletin vom SC Empor Rostock 2000 Weltmeisterin über die 25 Kilometer und Gesamt-Weltcup-Zweite.

Kürzlich wurde auch ihr Sponsorenvertrag mit AIDA Cruises bis Ende 2008 verlängert, so dass sich die erfolgreiche Sportlerin optimal auf Olympia vorbereiten kann.

Das Interview mit Britta

Britta K.-C.Frage: Britta, dieses Jahr war für Sie ein wechselhaftes, aber dennoch erfolgreiches Jahr: schwieriger Beginn bei den Langstrecken-WM, dann versöhnliches WM-Gold über 25 Kilometer.

Die Dauer-Konkurrentin Angela Maurer konnten Sie im Gesamt-Weltcup zwar nicht schlagen, aber es gab letztendlich Gesamt-Silber. Und beim „TV total“-Turmspringen holten Sie sogar Gold.

Falls es, was die olympischen Schwimm-Götter verhindern mögen, mit Olympia in Peking nicht klappt, werden Sie dann zu den Wasserspringerinnen wechseln 🙂 ?

Britta: Naja, beim „TV total“-Turmspringen war ich beste Frau und insgesamt Zweite ! Allerdings: Ein gewisses Talent für das Wasserspringen habe ich schon.

Das bestätigte mir die erfolgreiche Rostocker Trainerin bereits bei meiner ersten Teilnahme im Wasserspringen bei „TV total“. Faktisch war ich schon damals das „älteste“ gesichtete Talent in dieser fantastischen Sportart.

So oft trainieren wie vor zwei Jahren – drei Wochen intensive Vorbereitung – konnte ich dieses Mal nicht … Der Erfolg kann sich jedoch wahrlich sehen lassen.

Aber dem Langstreckenschwimmen bleibe ich auf jeden Fall treu.

Und das Jahr 2007 verlief auch zu 100 Prozent optimal für mich.
Mit Blickrichtung Peking 2008 waren die Wettbewerbe sehr hart, die Konkurrenz äußerst stark.

Seitdem Langstreckenschwimmen offiziell olympisch ist, haben viele Länder, wie Australien, Brasilien oder die USA, alle Anstrengungen mobilisiert, um vorn mitzuschwimmen.

Aber so muß es auch sein: Eine olympische Disziplin sollte auch olympisches Niveau und hervorragende Konkurrentinnen haben. Das mobilisiert die eigenen Kräfte zusätzlich.

Britta - ganz weihnachtlichMit meinem 6.Platz über die 10 Kilometer bei den WM war ich alles andere als unzufrieden. Sollte dieser Rang auch bei den kommenden Welt-Titelkämpfen herausspringen, dann habe ich mein Peking-Ticket.

Ich glaube auch: Hätte ich bereits bei den WM 2007 Edelmetall über die 5 Kilometer oder die 10 Kilometer gewonnen, so wäre Gold über den langen Kanten gar nicht möglich gewesen.

Letztendlich war ich war „so angefressen“ über den „suboptimalen Verlauf“ der Wettbewerbe zuvor, dass ich unbedingt über die 25 Kilometer allen „die Daumen“ zeigen wollte – was letztendlich auch gelang.

Was den Weltcup betrifft: Im zurückliegenden Jahr war dieser für mich eher „Nebensache“. Ich nahm an drei wichtigen Höhen-Trainingslagern teil und hatte mit der WM meinen Höhepunkt.

Zudem schwamm ich nur bei den Weltcup-Stationen, die auch in mein persönliches, sportliches Zeitraster passten. Also 2007 halte ich in sehr guter Erinnerung !

Frage: Zurück zur WM 2007: Die weltmeisterlichen Langstrecken-Wettbewerbe waren mitunter eher „Unterwasser-Catchen“, Ihre Mit-Konkurrentinnen teilweise „maritime Zicken“.

Wie haben Sie sich – nach den Rückschlägen über 5 Kilometer und 10 Kilometer, als es nicht das erhoffte Edelmetall gab – noch einmal so erfolgreich für die 25 Kilometer motivieren können ?

Britta: Ja ja, Frauen können untereinander schon grausam sein 🙂 Manchmal frage ich mich auch schon, ob ein Weiterbildungskurs in Sachen „Catchen“ und „Ringen“ für mich nicht auch vorteilhaft wäre.

So hart, so brutal wie bei den WM 2007 ging es eigentlich noch nie zu. Sicherlich die Weltspitze rückt näher zusammen, das Leistungsvermögen der Konkurrenz wird mit Richtung Olympia stärker, aber was sich einige Gegnerinnen erlaubten, ist jenseits der Fairness.

Außerdem sind die Referees oft zu zaghaft, wenn es um Disqualifikationen aufgrund unsportlichen Verhaltens geht. Hier müsste energischer durchgegriffen werden.

Aber nicht nur die „Unterwasser-Aktionen“ einiger Konkurrentinnen kostete Zeit, Kraft und Nerven. Auch das „ewige Hin und Her“ beim Abbruch und Fortsetzen der 25 Kilometer-Entscheidung ging an die Substanz.

Aufgrund des widrigen Wetters wurde erst abgebrochen, dann nach Stand der Leistungen bei Abbruch gewertet und dann doch das Rennen am nächsten Tag fortgesetzt.

Britta K.-C. - sportivAußenstehende können sich gar nicht vorstellen, wie kraft- und nervenaufreibend das Ganze war. Nun, am Ende des Jahres, bin ich schon ungemein stolz über das 25 Kilometer-Gold !

Frage: Eine Wegbereiterin für das olympische Langstreckenschwimmen war zweifellos ebenfalls die Rostockerin Peggy Büchse, die in den 1990ern diese Disziplinen beherrschte.

Ist Peggy für Sie ein Vorbild ? Holen Sie sich eventuell noch Ratschläge von ihr ?

Britta: Bereits 1995 hatte ich meinen ersten Einsatz bei den deutschen Meisterschaften im Langstreckenschwimmen und „auf Anhieb“ wurde ich Dritte über 5 Kilometer.

Oha, ich bin ja mittlerweile schon ein Dutzend Jahre dabei, schon fast eine „Schwimm-Omi“ … (Tja, wenn alle „Omis“ so aussehen würden 🙂 -Anm.d.A.)

Als ich dann 1996 bei den deutschen Meisterschaften auch Dritte über 25 Kilometer wurde, beschloss ich – nicht zuletzt wegen meiner Vorbilder Peggy Büchse und Andre Wilde – endgültig die Fronten, vom Becken- zum Langstrecken-Schwimmen, zu wechseln.

Peggy BüchseIch profitierte damals von der ungemeinen Erfahrung Peggys und bekam auch hilfreiche Tipps von ihr. Heute habe ich noch losen Kontakt zu ihr: Sie wohnt ja mittlerweile in Regensburg. Damals war sie aber eine richtig gute Freundin …

Frage: Sie sind eine attraktive Frau; „schlichte Gemüter“ würden sagen: „ein Hammer-Girl“ !

Wie wichtig ist neben der sportlichen Leistung auch ein „vorzeigbares Äußeres“ bei der Suche nach Sponsoren, bzw. um sich selbst, möglichst oft, im TV „zu platzieren“ ?

B.KamrauBritta: Stellen Sie `mal Heidi Klum die Frage, ob ihr Äußeres für ihre Karriere eher hinderlich als förderlich gewesen ist …

Nein, aber es ist gerade in einer Randsportart, wie Langstreckenschwimmen, schon enorm wichtig, dass man neben tollen Leistungen (und die müssen vorhanden sein !) auch noch etwas „Zusätzliches“ bieten kann, um so für die Medien interessant zu werden.

Und ist es im täglichen Leben eigentlich so viel anders ?! Wer nett, sympathisch rüber kommt, hat es oft leichter.

Aber Schönheit ist nicht alles und sollte „von innen“ kommen !
(Immer diese wenig hilfreichen Weisheiten, die auch aus „chinesischen Glückskeksen“ stammen könnten 🙂 – Anm.d.A. )

Frage: Ihr Ehemann Augusto Corestein ist Argentinier. „Färbt“ sein südamerikanisches Temperament mittlerweile auch auf ein „cooles Nordlicht“ wie Sie ab ?

Ist er ein guter Berater für das Langstreckenschwimmen und sogar ein sportiver Ehemann ?

Britta: Ja, wir Zwei ergänzen uns prima ! In puncto südamerikanischen „Heißblutes“ konnte ich eine Menge von ihm lernen. Von mir durfte er sich die norddeutsche Coolness abschauen.

Ansonsten ist er schon (fast immer) ein ganz Lieber, der meinen Sport voll unterstützte. Wir lernten uns ja 1999 während eines Wettkampfes in Südamerika kennen, und er ließ bei mir nicht „locker“ …

Bereits 2000 waren wir ein Paar und fünf Jahre später heirateten wir. Ohne ihn könnte ich im Langstreckenschwimmen nicht so erfolgreich sein !

Frage: Sie schwimmen „so irrsinnig lange“ Strecken, gerade auch bei Wettbewerben in Südamerika.

Was geht Ihnen dabei während des Schwimmens „durch den Kopf“ …

Denken Sie nur an den Sieg, an das erfolgreiche Ankommen oder machen Sie sich auch Gedanken für die „schönen Dinge“ nach dem Wettkampf, z.B. über „das geplante Schuh-Shopping“, den „nächsten Disco-Besuch“ oder „ein leckeres Glas Caipirinha“ ?

Britta: Bei Kilometer 5 denke ich an die Schuhe, bei Kilometer 10 an den „Caipirinha“ und bei Kilometer 15 an Augusto … Nee ! Ich konzentriere mich schon sehr auf das Schwimmen.

Während eines Wettbewerbes, selbst bei den ganz erfolgreichen, muß man einige Krisen meistern. Einige „Durchhänger“ gibt es immer. Man muß nur sorgen, dass ein Motivator, „Delfin“ oder irgendwelche „Quallen“ in der Nähe sind, die einen „oben“ halten 🙂

Für mich sind da der Trainer und die Betreuer auf dem Begleitboot wichtig, die einen auch durch Zurufe wieder „aufbauen“.
 
Eine besondere „Krise“, besonderes Negativ-Erlebnis, ja echten „Horror wie im Film „Open Water“ erlebte ich vor drei Jahren: 2004 hatte bei einem Wettkampf vor der chinesischen Küste die Rennleitung die Strömung falsch berechnet. Nach vier Stunden hatte ich keine Ahnung, wo ich überhaupt war.

Dazu Gewitter und Regen – und mein Vater auf dem Begleitboot, zum ersten Mal. Man sah dann sogar die Begleitboote kaum noch. Da bekommst du schon Angst, dass du verloren gehst !“

(Für die ängstlichen Leser: Was glücklicherweise nicht passierte, sonst wäre die Rostockerin ja nicht drei Jahre später Weltmeisterin geworden – Anm.d.A.)

Langstreckenschwimmen im Alleingang ...Frage: Langstreckenschwimmen ist 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking erstmals olympisch.

Falls Sie teilnehmen (was natürlich klappen wird !), werden Sie vielleicht Geschichte schreiben, unsterblich in die sportlichen Annalen als erste Olympiasiegerin im Langstreckenschwimmen eingehen und zugleich olympische Pionierin einer alten, neuen Sportdisziplin sein.

Ist das zusätzliche Motivation ?

Britta: Natürlich vergeht kein Augenblick, kein Moment, keine Sekunde, in der ich nicht denke: „Britta, es wird Zeit, dass Du praktisch Sportgeschichte schreibst …“

Ehrlich: Zunächst möchte ich im nächsten Jahr die Quali für Peking schaffen und wenn dann Edelmetall herausspringt, um so besser.  

Aber es stimmt, gerade wenn eine Disziplin olympische Premiere feiert, ist es schon ein besonderes Gefühl für den aktiven Sportler.

Frage: Ein Ausblick für den Dezember 2008 … Welche Schlagzeile möchten Sie im nächsten Jahr unbedingt über sich lesen wollen ?

Britta: „Nicht nur blond, sondern auch erfolgreich: Hanseatin holt olympisches Edelmetall !“

Vorletzte Frage: Hätte ein einigermaßen begabter Schwimmer, der nicht gleich ertrinkt, wenn er mit dem Element Wasser in Berührung kommt, wie ich – aus Ihrer persönlichen Sicht – auch Chancen ein „Marathon-Rennen“ im Langstreckenschwimmen zu (über-)stehen ?

Britta: Naja, allerdings nur, wenn ein Wiederbeatmungsgerät und „Flipper“ in der Nähe sind !

Letzte Frage: Weihnachten steht vor der Tür. Geht es für Sie nach Argentinien ?

Britta: Da war ich ja letztes Jahr. 2007 sind wir in Rostock – mit Weihnachtsmann, Entenbraten und Rostocker Gebäck !

Interview: Marko Michels

 
Britta - Infos ...Britta in Daten & Fakten

– „Baujahr“: 1979 in: Rostock

– Sportklub: SC Empor Rostock 2000

– Trainer: Christian Bartsch

– Familienstand: verheiratet, seit 2005 mit Augusto

– Beruf: Juristin (1.Staatsexamen/Referendariat folgt nach Olympia)

– Hobbies: Fußball, Argentinien, Musik, Sprachen

– Siege (Auswahl): WM-Gold 2002 (10 km), 2004 (10 km/25 km), 2007 (25 km),
Weltcup-Gesamt-Erste (2003/2006), EM-Gold 2004 (5 km/10 km/25 km), deutsche Meisterschaften (8 Titel) / zuletzt: deutsche Kurzbahn-Meisterin über 1500 m

Info:

> Seit 1991 werden offizielle Weltmeisterschaften im Langstreckenschwimmen ausgetragen, zunächst über die Distanz von 25 Kilometer.

Die WM-Premieren-Sieger in Perth: Shelley Taylor-Smith (Australien) und Chad Hundeby (USA).

Im Jahre 1995 wurde Langstreckenschwimmen auch in das Programm der Schwimm-Europameisterschaften integriert. 1995 in Wien siegte über 25 Kilometer die Rostockerin Peggy Büchse. mm

> Die erfolgreichsten SchwimmerInnen aus M-V bei Olympia

Andrea Pollack (Mitte), 3 x Olympiasiegerin01. Andrea Pollack (Schwerin): 3 x Gold / 3 x Siber (1976/80)
02. Caren Metschuck-Mahn (Greifswald/Rostock): 3 x Gold / 1 x Silber (1980)
03. Sarina Hülsenbeck (Rostock): 1 x Gold (1980)
04. Frank Wiegand (Rostock): 4 x Silber (1964/68)
05. Egon Henninger (Rostock): 2 x Silber (1964/68)
05. Lars Hinneburg (Rostock): 1 x Silber / 1 x Bronze (1988)
06. Klaus Katzur (Rostock): 1 x Silber (1972)
07. Frank Pfütze (Rostock): 1 x Silber (1976/1980)
08. Patrick Kühl (Güstrow): 1 x Silber (1988)
09. Rosemarie Gabriel (Schwerin): 1 x Bronze (1976)
10. Bärbel Fuhrmann (Rostock): 1 x Bronze (1960)

Exkurs: Die Entwicklung des Schwimmsportes in Schwerin

Zu den Leibesübungen, die bereits Jahn aufnahm, weil sie aus altem Volkstum stammten, die sich aber erst mit dem sportlichen Prinzip entwickelt haben, gehörte das Schwimmen.

Die „Keimzelle“ in Deutschland dafür wurde die Pfuelsche Badeanstalt an der Oberspree, welche im frühen 19.Jahrhundert entstand. Im Jahr 1878 gründete sich dann auch der erste deutsche Schwimmverein in Berlin, der viele Schwestervereine in ganz Deutschland bekam.  

Schon 8 Jahre später konstituierte sich – nachdem die Deutsche Turnerschaft, der Ruderverband und der Radfahrerbund bereits existierten – der Deutsche Schwimmverband.

Deutsche Schwimmer konnten relativ schnell mit ihren Konkurrenten in internationalen Wettkämpfen mithalten. So siegte bei den Olympischen Spielen 1900 in Paris Hoppenberg im 200 m-Rückenschwimmen; zudem gewann das deutsche Team die 5 x 40 m-Staffel.

Emil Rausch, Olympiasieger 1904In St.Louis 1904 siegte Emil Rausch dreimal. Seine Mannschaftskollegen Brack und Zacharias konnten zwei Goldmedaillen für die „deutschen Farben“ erkämpfen. Auch bei den Olympischen Spielen 1908 in London (Sieg durch Bieberstein im 100 m-Rückenschwimmen) und 1912 in Stockholm (Dreier-Erfolg im 200 m-Brustschwimmen durch Bathe,Lützow und Malisch sowie Erfolg durch Bathe auf der 400 m-Strecke) riß die deutsche „Gold-Serie“ nicht.
 
Überraschenderweise erreichte die „deutsche Schwimmbegeisterung“ die meckleburgische Residenzstadt Schwerin relativ spät. Erst um 1910 begannen sich schwimmbegeisterte Schweriner zu gemeinsamen, ungezwungenen Wettschwimmen zu treffen.

… Und es dauerte noch weitere drei Jahre, ehe sich auch in Schwerin ein Schwimmklub herausbildete. Dieser konstituierte sich 1913 – kurz vor dem ersten internationalen Schweriner Schwimmfest im August 1913.

Zu diesem schwimmsportlichen Großereignis in Schwerin lud der Vorsitzende des Ausschusses zum Schwimmfest bzw. der maßgebliche Begründer des Schweriner Schwimmklubs, der Ingenieur Grotefend, den Großherzog ein:

„ … Um in der von schönen Seen umgebenen Residenzstadt Schwerin die Freude am Wassersport zuheben, veranstaltet am 24.August d.J. (1913 – Anm.d.V.) der unter dem Protektorat Seiner Kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen stehende Deutsche Schwimmverband in Schwerin ein internationales Schwimmfest.

Der Zweck dieses Schwimmfestes soll der sein, Freunde dieses gesunden Sportes zu gewinnen, die sich, wie es kürzlich in Rostock der Fall war, auch in Schwerin zu einem Schwimmverein zusammenzuschließen, um diesen Sport weiter zu fördern.

Der Deutsche Schwimmverband will dieser großen und schönen Sache dienen und die in Schwerin befindliche Ortsgruppe unterstützen, um am 24.August ein grosses Propagandaschwimmen im grossen Schweriner See zu veranstalten.

Wir richten an Eure Königliche Hoheit die untertänigste Bitte, dieses Unternehmen dadurch zu stützen, dass Eure Königliche Hoheit hierfür das Protektorat übernehmen und einen Preis stiften, der für die besten Leistungen der vom Deutschen Schwimmverband nach Schwerin entsandten Mannschaft bestimmt sein und im Namen Eurer Königlichen Hoheit der siegreichen Mannschaft überwiesen werden soll.

Wir bitten Eure Königliche Hoheit untertänigst, das bisher aller sportlichen Veranstaltungen gezeigte Interesse auch diesem gesunden Sport zuwenden zu wollen und sehen der Erfüllung unserer Bitte in Dankbarkeit entgegen …“
 
Ein umfangreiches Programm sah das erste Schwimmfest in Schwerin im Medeweger See vor. So wurde ein Dauerschwimmen über 3000 m für die verschiedenen Altersklassen angeboten.

Ferner gehörte ein Kürspringen, Wasserballspiele, Rettungsvorführungen, ein Hindernisschwimmen, eine Wasser-Pantomime sowie ein Damen-Wettschwimmen über 200 m zum Repertoire des Schwimmfestes.

 Zwar konnten Schweriner Schwimmerinnen und Schwimmer noch nicht mit ihren „Kollegen“ aus München, Hamburg oder Berlin mithalten, aber im Schwimmen für Schweriner Knaben unter 14 Jahren (100 m) beeindruckte Henry Leuckefeldt nicht nur die anwesenden Schweriner Zuschauer …
 
Schwimmsport - faszinierendDer Vorsitzende des Deutschen Schwimmverbandes, Witt aus Hamburg, nutzte das Schweriner Schwimmfest, um ein Grußwort seines Verbandes an die Schweriner Organisatoren zu überbringen.

Dazu berichtet der Sportpublizist Dr. C.Lüttgens in der „Mecklenburgischen Zeitung“ vom 25.08.1913:

„ … (Der) Vorsitzende des Deutschen Schwimmverbandes, Herr Witt (Hamburg), (nahm) Gelegenheit, sich in einer Ansprache an die zum Schwimmfest gekommenen Schweriner zu richten.

Man habe sich im Schwimmverband sehr gefreut, anläßlich des hier veranstalteten Festes nach Schwerin kommen zu können, das eine sportliebende Bevölkerung besitze.

Schwimmen in Schwerin ...Bisher habe es schwer gehalten, in Mecklenburg Schwimmvereine zu gründen. Umsomehr freue sich der Schwimmverband nun darüber, daß nach der Gründung des Rostocker Schwimmvereins nun auch die Bildung eines Schweriner Vereins im Werke sei.

Redner wies dann in kurzem auf die Bedeutung des Schwimmens hin, indem er an das Wort des Generals v.Pfuel vor 100 Jahren anknüpfte, daß das Schwimmen die vorzüglichste aller Leibesübungen sei und daß es die allgemeinste sein solle.

Er schilderte die Vorzüge des Schwimmens, das kräftige Einatmen einer staubfreien Luft, die Anstrengung aller Muskeln, die gesundheitsfördernde Hautatmung, die Hebung und Stärkung des Mutes und des Selbstvertrauens, die Vorbeugung vor der Gefahr des Ertrinkens und Rettung der eigenen Person und anderer in Fällen solcher Gefahr (die es, statistisch nachgewiesen, jährlich zu mehr als 5000 in Deutschland gebe).

Ferner wies Redner auf die Vorbildung zum Militärdienst hin. Das Schwimmen gebe dem jugendlichen Leben dahin einen Gedankeninhalt, sich zu Nutzen der Allgemeinheit zu kräftigen und wirke in dem Gebote der Enthaltsamkeit erziehlich.

Er schloß mit dem Wunsche, daß der neugegründete Schweriner Schwimmverein eine gute Aufnahme in der schönen, für Leibesübungen im Wasser so wohlgelegenen Stadt finde, eine reiche Beteiligung an aktiven Mitgliedern in der gesunden, kräftigen Bevölkerung, wie an fördernden passiven Mitgliedern …“
 
Bis 1918 nutzte der Schweriner Schwimmverein die Hovemannsche Badeanstalt für dessen Übungs- und Trainingsstunden. Anfang 1919 mußte diese aus finanziellen Gründen schließen und der „SSV“ mußte auf andere schwimmsportliche Gegebenheiten ausweichen, so z.B. Übungsstunden im Medeweger See durchführen.

Erst 1921 konnte die Hovemannsche Badeanstalt in der Klosterstrasse wiedereröffnet werden – und damit durfte der „SSV“ seine alte „Lokalität“ ebenfalls wieder nutzen.  In jenem Jahr zählte der „SSV“ 250 Mitglieder und gehörte damit zu den größten Vereinen Schwerins.
 
Ab 1924 organisierte der Schweriner Schwimmverein auch jährlich das „Pfaffenteich-Schwimmen“ auf dem Schweriner Pfaffenteich, an dem zahlreiche auswärtige Schwimmvereine teilnahmen.

Zu dieser Veranstaltung stiftete der Magistrat Schwerin einen Wanderpreis für die jeweils beste Pfaffenteich-Staffel. Nach dreimaligem Gewinn ging dieser Wanderpreis 1928 endgültig in den Besitz des Rostocker Schwimmklubs über.
 
Insgesamt betrachtet konnte der „SSV“ gerade im Kinder- und Jugend-Bereich eine positive Entwicklung nach 1925 verzeichnen. So gehörten im Jahr 1927 160 Schulkinder und 30 Jugendliche im Alter von 16-18 Jahren dem Schweriner Schwimmverein an.

Vier Jahre später – 1931 – konnte der „SSV“ einen noch beeindruckenderen Mitgliederbestand aufweisen: Der „SSV“ zählte 522 schwimmbegeisterte Schweriner Mitglieder, davon 253 Erwachsene (94 Damen und 159 Herren) sowie 269 Jugendliche (147 Schülerinnen und 122 Schüler).
 
Das wettkampforientierte Schwimmen war dank der engagierten Tätigkeit des Schweriner Schwimmvereines von 1913 bis 1933 ein fester Bestandteil des lokalen Sportangebotes der Stadt.

M.Michels (In Michels: Die Entwicklung des Schweriner Sportes von 1850 bis 1933, Manuskript, Stadtsportbund Schwerin, 2000)

Aufnahmen:

Autogrammfotos (3), Michels (5), Schwerin-News (2), DOG (2)

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