Sieben auf einen (olympischen) Streich !

Zwei M-V-Mehrkämpferinnen streben Peking-Start an …

Julia Mächtig
Geburtsjahr: 1986 – Größe: 1,87 m – Gewicht: 76 kg – Disziplin: Siebenkampf – Verein: SC Neubrandenburg – Trainer: Klaus Baarck – Erfolge: U23-EM 2007 (Bronze), deutsche Weitsprung-Meisterin 2006, deutsche Siebenkampf-Meisterin 2007, Junioren-EM 2005 (Silber), Junioren-WM 2004 (Bronze)

„Locker bleiben …“

Interview mit Neubrandenburgs Siebenkämpferin Julia Mächtig

Sonja K. (links), Julia M. (rechts)Frage: Julia, Sie gelten als das deutsche Mehrkampf-Juwel und machten bei bisherigen internationalen Nachwuchsmeisterschaften ihrem Namen alle Ehre, in dem sie dort „mächtig“ abräumten. Nun gilt es, bei den „Großen“ und „Reiferen“ zu bestehen. Gehen Sie dennoch locker in die Elite-Wettkämpfe ?

Julia Mächtig: Selbstverständlich ist „Coolness“ und Lockerheit wichtig, denn es bringt nichts, wenn man sich vorher unter Druck setzt und verkrampft. Ich habe nichts zu verlieren, wenn auch Peking ein schönes Ziel wäre. Dennoch werde ich „mächtig“ motiviert in die Olympia-Quali gehen ! Und „irgendwann“ sehen ja auch die „Reiferen“ mal „alt aus“ …

Frage: Ihr Trainer Klaus Baarck meinte vor drei Jahren: „Julia ist die Mehrkämpferin der Zukunft !“. Wenn Sie sich leistungsmäßig selbst beschreiben sollten, was zweifellos schwierig ist: Was zeichnet die Mehrkämpferin Julia Mächtig aus ?

Julia Mächtig: Naja, meine Schwächen sind ja bekannt: Es ist dieser „unsägliche Hürdenwald“. Zwar habe ich mich dort schon deutlich verbessert, aber es muß noch Steigerungen geben, wenn ich „oben“ mit dabei sein will. Auch der Hochsprung schwächelt etwas. Ansonsten: Meine Schokoladen-Disziplinen sind Weitsprung und Kugelstoßen. Für Letztgenanntes habe ich ja zwei sportive Koryphäen an meiner Seite: Ralf Bartels und Petra Lammert …

Frage: Mehrkämpferinnen und Mehrkämpfer gelten eigentlich als die wahren Helden der Leichtathletik. Dennoch hat man bisweilen den Eindruck, die Wettkämpfe im Zehnkampf/Siebenkampf laufen nur am Rande ab. Zufrieden mit der organisatorischen Durchführung und der „TV-Reichweite“ der heutigen Wettkämpfe im Mehrkampf ?

Julia Mächtig: Ja, der Mehrkampf könnte noch viel präsenter sein, sicherlich auch organisatorisch etwas „peppiger“. Ein Erlebnis, mit begeisterten Zuschauern, ist jedesmal ein Start in Ratingen oder Götzis, woanders ist dagegen oftmals „Ödnis pur“. Auch das Fernsehen könnte noch informativer und umfassender über die Wettkämpfe im Mehrkampf berichten. Oft werden nur die Entscheidungen bei Olympia, WM und EM berücksichtigt. Mehrkampf ist aber jedes Jahr und zu allen (Jahres-)Zeiten !

Frage: Ihre Kollegin Sonja Kesselschläger, seit Jahren eine der besten Mehrkämpferinnen national wie international, hatte insbesondere 2006 viel Verletzungspech, schaffte aber trotzdem die WM-Qualifikation 2007. „Pushen“ Sie und Sonja sich gegenseitig beim Training „hoch“ ?

Julia Mächtig: Wir trainieren gern zusammen, zumal mir Sonja viele hilfreiche Tipps geben kann. Es macht vor allem auch mehr Spass gemeinsam die Steigerungen oder die Hürdenläufe zu machen. Letztendlich ist ebenfalls ein größerer Trainingserfolg da !

Frage: Der Siebenkampf ist leider keine finanziell lukrative Sportart. Wie halten Sie sich „euromäßig übers Wasser“ ?

Julia Mächtig: Betteln gehen, muß ich noch nicht … Ich bin ja Mitglied der Bundeswehr-Sportfördergruppe und absolviere auch ein Fernstudium zum Fitnessfachwirt. Ich habe also nicht nur einen „sportlichen Tunnelblick“. Auch an die spätere berufliche Entwicklung denke ich.

Frage: Peking ist für Sie sicher ein Thema, aber nicht das Thema.
Wären Sie sehr niedergeschlagen, wenn es, was wir alle nicht hoffen, mit Olympia 2008 nicht klappen sollte ?

Julia Mächtig: Peking wäre schon „der Hammer“, aber wenn es nicht klappt, werde ich nun auch nicht depressiv. In Berlin finden ja 2009 die WM statt, so dass ich eine sofortige neue Motivation, ein neues Ziel hätte. Aber erst einmal gehe ich „guten Mutes“ in die Olympia-Quali, obwohl es unheimlich schwer wird !

Frage: Die derzeit kompakteste und stärkste Mehrkämpferin ist die Schwedin Carolina Klüft. Können Sie sich etwas von ihr „abschauen“ ?

Julia Mächtig: Sie ist eine echte Frohnatur, immer gut drauf ! Sie besitzt viel Talent für den Mehrkampf, aber ohne hartes Training wäre auch sie nicht so stark. Ja, ihre sympathische Art, ihre Lockerheit – das sind schon Eigenschaften, die ausstrahlen !

Frage: In der Jahresendbilanz 2008: Was möchten Sie erreicht haben ?

Julia Mächtig: Ich möchte unbedingt die 6250-Punkte-Marke erreichen ! Und weiterhin viel Freude am Siebenkampf haben. Wenn es dann noch mit Peking klappt …

M.Michels

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Sonja Kesselschläger
Alter: 30 Jahre – Beginn der Karriere: 1984, bei ASC „Grün-Weiß“ Finsterwalde – Beruf: Sportsoldatin / Fernstudium Betriebswirtschaftslehre – jetziger Verein: SC Neubrandenburg, seit 1995 – Trainer: Klaus Baarck – Erfolge: 2001 Universiade-Bronze, Olympia 2004 (6.), WM 2003 (8.), 2 x Bronze bei den Nachwuchs-EM 1997/99 –

„Erst einmal die Olympia-Quali im Blick !“

Interview mit Sonja Kesselschläger

Frage: Sonja, seit Jahren sind Sie die beständigste Mehrkämpferin in Deutschland. Ihr Leistungsvermögen wurde aber leider nur selten bei internationalen Meisterschaften mit einer Medaille belohnt, so z.B. mit Bronze bei der Universiade 2001. Bei Nachwuchsmeisterschaften hingegen waren Sie fleißige Medaillen-Sammlerin (u.a. 3.Plätze bei den Nachwuchs-EM 1997/99).
Vor vier Jahren in Athen wurden Sie sehr gute Sechste.
Trauern Sie möglichen Medaillen nach ?

Sonja Kesselschläger: Nein, ich bin nur enttäuscht, wenn ich verletzungsbedingt Leistungen nicht abrufen kann, so wie es 2006 war. Ganz dicht vor einem Medaillengewinn stand ich ja bei den Hallen-WM 2006 in Moskau. Aber das hake ich schnell ab !

Frage: Sie sind eine echte Kämpfer-Natur. Nach den angesprochenen Hallen-WM 2006 verletzten Sie sich, verpassten die EM 2006. Sie „bissen“ sich „durch“ und schafften die WM-Qualifikation 2007 und kamen – ein respektables Ergebnis – unter die besten 15. Ist der „ewige Kampfgeist“ Ihr Lebensmotto ?

Sonja Kesselschläger: Ach, ich weiß gar nicht, ob der Kampfgeist bei mir unbedingt so ausgeprägt ist. Kämpferisch eingestellt ist jeder Sportler, das ist auch notwendig, um gute Leistungen zu bringen. Ich war ja „nur“ ein Jahr erheblich verletzt, eben 2006. Das Besondere damals für mich war der unerträglich lange Verletzungszeitraum, als ich auch nicht wußte, ob ich überhaupt mit dem Mehrkampf würde weitermachen können. Aber meine Familie, mein Freund und der Trainer stärkten mir den Rücken und fingen mich auf.

Frage: Sie trainieren in Neubrandenburg zusammen mit Julia Mächtig, der anderen SCN-Aspirantin für den Mehrkampf in Peking. Eine Bereicherung für Sie ?

Sonja Kesselschläger: Unsere Trainingsgruppe ist ja noch erheblich größer mit vielen 16- und 17jährigen Talenten. Eine Bereicherung ist das Training mit Julia auf jeden Fall, wir können uns gegenseitig anspornen und uns Tipps bzw. Ratschläge geben.

Frage: Viele Etappen nach Peking sind noch zu meistern. Wo werden Sie noch starten ?

Sonja Kesselschläger: Nach einem dreiwöchigen Trainingslager geht es im Mai zu den Wettkämpfen. Ende Mai gibt es die erste Quali für Peking, Mitte Juni folgt dann die zweite. Und, wenn alles klappt, gelten alle Vorbereitungen dem Olympia-Start.

Frage: Was ist Ihr Ziel für Peking ? Hatten Sie selbst eigentlich Vorbilder im Siebenkampf ?

Sonja Kesselschläger: Also, erst einmal muß die Qualifikation gemeistert werden, dann sehe ich weiter. Peking ist das Ziel, aber bis dahin gilt es noch einige Hürden zu meistern. Im Speerwerfen und im 200 Meter-Lauf möchte ich mit Blickrichtung „Qualifikation für Peking“ unbedingt noch zulegen.
Ja, ein Vorbild hatte ich: Meine Klubkameradin Kathleen Gutjahr, mit der ich auch trainierte !

Marko Michels

Foto: DLV

Torsten VossStadion LambrechtsgrundÜbrigens: Vor 21 Jahren gewann Torsten Voss vom SC Traktor Schwerin WM-Gold im Zehnkampf (1987 in Rom). Ein Jahr später, bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul, holte er hinter dem Rostocker Christian Schenk Silber. Jedes Jahr findet in Schwerin im Stadion am Lambrechtsgrund zudem der „Jedermann-Zehnkampf“ statt ! … Anno 2008 bereits die 17.Auflage.

– 1980 gab es durch Hochspringer Gerd Wessig in Moskau den ersten Leichtathletik-Olympiasieg für Schwerin. M.M.

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