Von Marathon bis Rostock

Die WM-Chancen der Marathon-Europameisterin Ulrike Maisch und der anderen Leichtathletik-WM-Teilnehmer aus M-V.

In vier Tagen beginnen die Leichtathletik-WM in Osaka. Medaillenhoffnungen aus M-V hegen vor allem Diskuswerferin Franka Dietzsch, Kugelstoßerin Petra Lammert und Kugelstoßer Ralf Bartels.

„Ich bin mit knapp 40 Jahren die älteste Aktive im deutschen Team. Ich führe zwar die Weltrangliste an, aber ich bin nicht die Favoritin. Immerhin habe ich nicht alle Wettkämpfe gewonnen, bin manchmal nur Zweite oder Dritte geworden. Wer zum Beispiel aus China kommt, das weiß man noch gar nicht.

Zwei Amerikanerinnen, Powell und Breisch, haben sehr gute Weiten geworfen.. Mit Barrios, der Kubanerin, und Nicoleta Grasu aus Rumänien muß man immer rechnen.

Es gibt viel Konkurrenz, wer letztendlich vorne sein wird, das ist eine Sache der Nerven und der Tagesform.“, meint die zweifache Weltmeisterin im Diskuswerfen Franka Dietzsch zu ihren WM-Ambitionen.

„Erst muß die Qualifikation überstanden werden, an sich vom Leistungsvermögen her kein Problem, aber es muß halt gemacht werden. Und wenn man so weit ist, im Endkampf steht, dann will man natürlich die Damen, die an die Medaillen ranwollen, auch ärgern so gut es geht.“, hofft Kugelstoßerin Petra Lammert, 23 Jahre, wie Franka Dietzsch bei Dieter Kollark in Neubrandenburg trainierend, auf eine „metallene Überraschung“.

Von einer Medaille träumt auch Kugelstoß-Recke Ralf Bartels: „Um eine WM-Medaille zu gewinnen, muss man wahrscheinlich um die 21 Meter stoßen. Vielleicht geht man sogar mit 21,30 Metern leer aus, zumal die Amerikaner schon beeindruckende Leistungen jenseits der 22 Meter in dieser Saison zeigten.“, gibt sich Disziplin-Kollege Ralf Bartels aus Neubrandenburg auch optimistisch für Osaka.

Nach Verletzungspech im Frühsommer 2006 will Siebenkämpferin Sonja Kesselschläger aus Neubrandenburg vor allem einen guten Wettkampf machen. „6200 Punkte wären cool, wenn es optimal läuft, ist auch eine neue Bestleistung drin !“, hofft die 29jährige Neubrandenburgerin.

Für Disziplin-Ersatzfrau Julia Mächtig (ebenfalls Neubrandenburg) ist hingegen schon die WM-Nominierung ein großer Erfolg.

Mit Trainer Klaus-Peter Weippert, dessen Schützling Ulrike Maisch in Osaka startet, im Gespräch …

Marathon für Frauen. Was lange Zeit international „verpönt“ war, ist heute eine globale Erfolgsgeschichte, auch aus Mecklenburger Sicht !

Noch vor 50 Jahren hieß es in „Das kleine Frauenbuch“ von Heiner Martius (1956): „Es widerspricht der Würde der Frauen, wenn sie mit verkrampften Gesichtern und Gliedmaßen sportliche Rekorde sich aufzustellen bemühen und den Männern nachzueifern trachten. Für einen solchen Konkurrenzkampf sollten die Frauen zu stolz sein.“.
Selbst die 1960er Jahren, die Jahre der „Befreiung“ von gesellschaftlichen Normen, konnten diesem Vorurteil nicht entgegenwirken, und die allgemeine Akzeptanz des Frauenlaufsportes, gerade über die längeren Distanzen, sollte noch einige Jahre auf sich warten lassen. Noch 1967 mußte sich Kathrine Switzer in Männerbekleidung an den Start des Boston-Marathons schmuggeln.

Erst 1972 wurden die Frauen offiziell an diesem Lauf zugelassen. Im Jahre 1983 kürte man in Helsinki die erste Weltmeisterin im Marathon – die Norwegerin Grete Waitz. Ein Jahr später, bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles, gab es das erste olympische Frauen-Gold über die 42,195 km. Die US-Amerikanerin Joan Benoit siegte auf ihrer „Hausstrecke“.
Die meisten WM-Titel im Frauen Marathon seit 1983 holten Japan und Portugal (jeweils 2); die meisten Olympiasiege auf dieser Strecke erliefen sich ebenfalls die Japanerinnen (2). Die Japanerin Mizuki Noguchi gewann dabei 2004 in Athen, während die Engländerin Paula Radcliffe bei den WM 2005 triumphierte.
Einen echten leichtathletischen „Paukenschlag“ gab es dann 2006 für M-V. Bei den Europameisterschaften erkämpfte Ulrike Maisch vom 1.LAV Rostock den Titel.
Zur Zeit bereitet sich die 30jährige Athletin auf die WM in Osaka vor. Allerdings ist sie seit Oktober 2006 verletzt. Eine Entzündung im Bänder- und Sehnenbereich des linken Sprunggelenkes macht der ambitionierten Langstrecklerin zu schaffen. Ihr WM-Start ist allerdings sicher. Aufschlußreich – in Richtung WM-Teilnahme – war ein relativ erfolgreiches Auftreten über die 5000 Meter bei den deutschen Meisterschaften im Juli in Erfurt.
Ulrikes Trainer Klaus-Peter Weippert, einer der erfolgreichsten Leichtathletik-Trainer Deutschlands, der zuletzt für seine sportlichen Verdienste auch die silberne Ehrennadel des deutschen Leichtathletik-Verbandes erhielt, äußerte sich über die WM-Chancen seines Schützlings.

Frage: Ulrike Maisch sollte eigentlich mit dem „Rückenwind“ eines Europameistertitels nach Osaka zu den WM fahren …

Klaus-Peter Weippert: Das stimmt, eigentlich. Allerdings hat sie seit Oktober 2006 verletzungsbedingt (linken Fußbereich) nicht so trainieren können, wie geplant. Wir hoffen aber auf eine gute WM !
Frage: Es gilt für die WM also erst einmal ein „erfolgreiches Ankommen“ ?

Klaus-Peter Weippert: Das nun wiederum auch nicht. Es sollte schon eine Platzierung unter den besten 15 Läuferinnen möglich sein. Aber die Konkurrenz aus Afrika, Ostasien und Osteuropa ist nicht zu unterschätzen.

Frage: Ulrike hat in ihrer Karriere schon einige Erfolge gefeiert: Marathon-Mannschaftsgold beim Europacup 2002, Einzel-EM-Gold 2006, Sieg beim Bonn-Marathon 2002, WM-Teilnehmerin 2003, Olympia-Start 2004 und Cross-EM-TEilnehmerin 2005. Im gleichen Jahr siegte sie u.a. beim traditionsreichen Schwedenlauf in Wismar.
Wie lange, glauben Sie, wird Ulrike weiter laufen ?

Klaus-Peter Weippert: Auf jeden Fall wird Ulrike noch bis zu den EM 2010 weitermachen. Und dann gilt es, Jahr für Jahr zu planen. Ulrike hat eben noch einiges vor !
M.Michels

Statistisches zum Marathon

Steckbrief: Ulrike Maisch

Geburtsdatum: 21.01.1977 / Verein: 1.LAV Rostock / Trainer: KLaus-Peter Weippert / Bestzeit: 2:30:01 (2006) / Erfolge: Europameisterin 2006, Europacup-Team-Gold 2002, deutsche Vize-Meisterin im Halbmarathon 2003/04, deutsche Vize-Meisterin über 5000 Meter 2005, WM-Teilnehmerin 2003, Olympia-Teilnehmerin 2004, JWM-Teilnemerin 1996, JEM-Teilnehmerin 1995

Statement von Ulrike nach dem EM-Gold 2006

„Das war der Wahnsinn. Ich habe die letzten Kilometerschilder gar nicht mehr gesehen und habe immer nur gehofft, dass es jetzt gleich ins Stadion geht. Und plötzlich war ich dann da, das ging doch schneller, als ich dachte. Die Leute haben hier so geschrieen und ich wußte, dass meine Familie und Freunde im Stadion sind, und dass vor dem Fernseher die ganzen Leute zusehen. Ich mußte schon fast ein bißchen heulen. Das war einfach ein tolles Gefühl.“

Weltmeisterinnen im Marathon

1983: Grete Waitz (NOR) / 1987: Rosa Mota (POR) / 1991: Wanda Panfil (POL) / 1993: Junko Asari (JAP) / 1995: Maria Manuela Machado (POR) / 1997 Hiromi Suzuki (JAP) / 1999: Jong Song-ok (PRK) / 2001: Lidia Simon (ROM) / 2003: Catherine Ndereba (KEN) / 2005: Paula Radcliffe (GBR)

Olympiasiegerinnen im Marathon

1984: Joan Benoit (USA) / 1988: Rosa Mota (POR) / 1992: Walentina Jegorowa (RUS) / 1996: Fatuma Roba (ETI) / 2000: Naoko Takahashi (JAP) / 2004: Mizuki Noguchi (JAP)

Zeitplan der M-V-Starts in Osaka

Kugelstoßen

Frauen (mit Petra Lammert): am 26.August 2007 / Finale um 12.45 Uhr

Männer (mit Ralf Bartels): am 25.August 2007 (WM-Beginn) / Finale um 13.20 Uhr

Siebenkampf (Frauen/mit Sonja Kesselschläger und Ersatzfrau Julia Mächtig): 14.15 Uhr abschließender 800 Meter-Lauf

Diskuswerfen

Frauen (mit Franka Dietzsch): am 29.August 2007 / Finale um 12.45 Uhr

Marathon

Frauen (mit Ulrike Maisch): am 2.September (WM-Abschlußtag) / Zielankunft gegen 2.25 Uhr

„Ewiger Medaillenspiegel“ der Leichtathletik-WM von 1983 bis 2005

Land-Gold-Silber-Bronze

1. USA: 100-57-51

2. Russland (mit UdSSR): 52-69-63

3. Deutschland: 46-43-48

4. Kenia: 22-19-18

5. Kuba: 16-15-5

6. Äthiopien: 13-13-11

7. Großbritannien: 12-23-23

8. Italien: 11-12-11

9. Marokko: 10-10-6

10.Weißrussland: 9-12-10

Erfolgreichste Athletin/erfolgreichster Athlet der ersten Leichtathletik-WM 1983: Marita Koch (Rostock)/Carl Lewis (USA)

Meiste WM-Titel (Herren): Michael Johnson (USA): 9 Titel (Kurzstrecken)

Meiste WM-Titel (Frauen): Gail Devers (USA): 5 Titel

Meiste Medaillen (Frauen): Merlene Ottey (Jamaika): 14

Meiste Medaillen (Herren): Carl Lewis (USA): 10

Meiste Medaillen für M-V: Grit Breuer (Röbel): 6

 

M.Michels

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