Vor der Bundestagswahl 2009: Nachgefragt bei Beate Schlupp

Die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag über ihre Ziele und Ambitionen …

SNDie Christdemokratin Beate Schlupp, Jahrgang 1965, über die bevorstehenden Wahlen, ihre Begeisterung für die Landwirtschaft, ihren beruflichen Weg, die DDR-Vergangenheit sowie die Koalition in Schwerin

„Habe gelernt, mich durchzubeißen …“

> Frage: Frau Schlupp, der Countdown zur Bundestagswahl läuft und in Berlin kann sich die Bundeskanzlerin zurücklehnen und nur noch darauf warten, dass sie nach dem 27.September endlich mit der F.D.P. regieren kann. „Alles im Lot auf dem CDU-Boot, während der SPD-Kutter auf eine Sandbank geriet“?!

Worin liegt die Ursache der guten Umfrage-Ergebnisse für die Union und die F.D.P. – eigene Stärken oder immense Schwächen der politischen Konkurrenz?

BS– Beate Schlupp: Die Wahl ist noch längst nicht entschieden. Deshalb muss die CDU jetzt auch einen engagierten Wahlkampf führen. Angela Merkel, Ursula von der Leyen, Wolfgang Schäuble und auch Karl-Theodor zu Guttenberg leisten in Berlin gute Arbeit. Im Team mit der FDP kann dies noch besser werden. Deshalb meine nicht nur ich: Wir brauchen im Bund einer Erlösung aus der Großen Koalition.

> Frage: Wir leben ja in Zeiten des pseudo-medialen Scheins. Dazu gehört auch oder immer mehr, dass Politikerinnen auf ihr Äußeres reduziert werden. Im real existierenden Kapitalismus nichts Ungewöhnliches: Da muss auch die Verpackung stimmen, der Inhalt aber hoffentlich auch gut sein.

Eine Kollegin der politischen Konkurrenz, die zwar nicht das gleiche Parteibuch, aber die gleiche Haarfarbe hat, startet zurzeit politisch und karrieremäßig durch. Schauen Sie vielleicht ein wenig neidvoll auf die Konkurrentin, sind Sie vielleicht in der falschen Partei und sagen sich, woanders – also in einer anderen Partei – wäre ich schon weiter?

Kinder– Beate Schlupp: Es kommt keineswegs nur auf die Verpackung und den schönen Schein an. Sozialministerin Manuela Schwesig ist noch neu im Amt und muss erst zeigen, dass sie dieses ausfüllen kann und ihren Ankündigungen auch konkrete Ergebnisse folgen.

Wichtige Gesetzesvorhaben stehen hier in Mecklenburg-Vorpommern an. Das Kinderfördergesetz ist zu novellieren, das Heimgesetz fehlt noch, das Seniorenmitwirkungsgesetz ist zu beraten und der Doppelhaushalt 2010/2011 muss vereinbart werden.

Das schafft man nicht mit links und einem halben Bein in Berlin. Da muss man sich entscheiden, für wen man arbeiten will. Ich habe für mich sehr früh klar artikuliert, dass ich vor allem für meine Wähler im Uecker-Randow-Kreis da sein will, die mich bereits zweimal direkt in den Landtag wählten.

> Frage: Ihr Lebensweg, Ihr Berufsweg verlief auch nicht geradlinig und dennoch schafften Sie es in den Landtag. Sind Sie eine klassische Kämpferin? Was ist die Quelle Ihrer Kraft ?

– Beate Schlupp: Wenn man als Frau allein zwei Kinder großgezogen hat und gleichzeitig einem Beruf nachgegangen ist, musste man lernen, sich zu organisieren und sich durchzubeißen. Dies hat mir bei meinem Einstieg in die Politik sicher geholfen.

Kraft schöpfe ich vor allem aus den vielen kleinen Erfolgen, die sich durch hartnäckiges und beharrliches Engagement erzielen lassen.

> Frage: In der CDU-Fraktion sind Sie auch für Agrarpolitik zuständig, nicht gerade ein „Bringer-Thema“, zumal Landwirte, zu Recht oder Unrecht, notorisch unzufrieden sind.

BUGAUnd ehrlich gesagt, mit Latzhose, Gummi-Stiefeln und Forke kann man Sie sich auch nicht so richtig vorstellen. Wollten Sie oder mussten Sie zur Agrar-Expertin der CDU werden?

Hühner– Beate Schlupp: Durch meine Arbeit bei der Volksbank Raiffeisenbank eG und meinen ländlichen Wohnort hatte ich schon immer engen Kontakt zur Landwirtschaft. Natürlich sieht man mich nicht in Kittelschürze durch den Kuhstall stapfen.

Aber dieses erwarten die Landwirte auch nicht. Sie brauchen in Schwerin jemanden der den Mund aufmacht, an der richtigen Stelle nachhakt und fragt, der beharrlich ist und sich in dem zuweilen verworren komplizierten Gesetzesgeflecht zwischen Land, Bund und EU auskennt. Das, so habe ich den Eindruck, nimmt man mir ab.

> Frage: Sie sind seit 2002 Mitglied des Schweriner Landtages. Ihr Wahlkreis ist Uecker-Randow II, da denkt man gleich an Massenarbeitslosigkeit, Elend, Landflucht und Niedergang. Wie ist die Lage aber tatsächlich? Welche Probleme sind dort zu lösen?

– Beate Schlupp: Mir fällt bei Uecker-Randow auch ein: Tolle Landschaft, erfolgreiche Landwirtschaft, die moderne Eisengießerei in Torgelow, das deutsch-polnische Gymnasium in Löcknitz oder ein phantastisches Radwegenetz. Natürlich haben wir Probleme. Die sind auch keineswegs klein.

Und man muss sie immer wieder benennen und Lösungen suchen, z. B. wie mehr Arbeit in die Region zu bekommen ist. Dies und der notwendige Strukturwandel wegen der älter werdenden Bevölkerung sind die größten Herausforderungen bei uns.

> Frage: In Schwerin regiert eine „Große Koalition“, in Kiel platzte sie und in Berlin wird diese wahrscheinlich durch den Wähler-Willen beendet. Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten?

Reg– Beate Schlupp: Mecklenburg-Vorpommern ist nicht Berlin oder Kiel. Wir haben uns zu Beginn der Legislatur in die Augen gesehen und gesagt, dass wir im Interesse der Menschen zusammen arbeiten wollen und müssen.

Das funktioniert. Nicht bei jedem mit großer Freude, denn die Kompromisse, die eine Große Koalition erfordert, sind nie leicht zu tragen. Trotzdem gilt es, jetzt vernünftig bis 2011 zu arbeiten. Dann hat der Wähler das Wort.

> Frage: Das Jahr 2009 ist ein deutsches Jubiläumsjahr, die Anlässe mal freudig, mal nachdenklich, mal traurig. Zuletzt gab es heftige Diskussionen aufgrund der relativierenden Äußerungen des Ministerpräsidenten Erwin Sellering zum Charakter der DDR. Für Sie persönlich: Was war für Sie die DDR?

17.Juni 1953– Beate Schlupp: Die DDR war ein Unrechtsstaat, in dem die Herrschaft der SED in der Verfassung festgeschrieben war, in der die Staatssicherheit Menschen bespitzelte, in der Jugendliche in Wehrlager gezwungen wurden, politisch Missliebige in Gefängnissen verschwanden oder in den Westen abgeschoben wurden, wo es den Schießbefehl gegen die eigene Bevölkerung an der Mauer gab und keine Reisefreiheit.

Dass man in einem solchen Staat heiratete, Kinder bekam, fröhlich feierte, sich so also eine Nische suchte und in dieser auch glücklich war, ändert an diesen Tatsachen nichts.

> Abschließende Frage: Noch zwei Jahre, dann wird in Schwerin ein neuer Landtag gewählt. Wollen Sie sich dann weiterhin mit der Landwirtschaft herumschlagen oder hegen Sie höhere Ambitionen?

– Beate Schlupp: Für mich st das Themenfeld Landwirtschaft keine Last. Es macht mir Freude. Insoweit werde ich, wenn meine Fraktion dies möchte, weiter in diesem Bereich aktiv sein.

Dann maximale Erfolge im persönlichen und politischen Bereich !

Die Fragen stellte: Marko Michels.

F.:

1.Der schönste Landtagssitz Deutschlands – das Schweriner Schloss. mm / 2.Die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag Beate Schlupp. / 3.Zukunftsinvestition um die politisch gestritten wird – die Kinder … mm / 4./5.Etwas, wofür die agrarpolitische Sprecherin der Schweriner CDU-Landtagsfraktion nicht unmittelbar zuständig ist: die BUGA-Wiesen und die Hühner auf dem BUGA-Kinderbauernhof … mm / 6.Üben in Harmonie: Jürgen Seidel (CDU), Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident M-V, und Erwin Sellering, Ministerpräsident M-V. LReg. / 7.Der 17.Juni 1953 in der DDR – Aufstand gegen die stalinistische Diktatur. Dt. Mus.

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