Andreas Dittmer – ein Erfolgs-Kanute aus M-V

Kanu-Rennsport und Erfolge. Dabei denkt jeder Sport-Fan sofort an den SC Neubrandenburg und deren erfolgreichsten Protagonisten Andreas Dittmer.

Bei den diesjährigen Kanu-WM genossen die deutschen Kanuten vor allem ein „Heimspiel“ mit echtem Volksfest-Charakter.

An den Tagen vom 8. bis 12.August nahmen 852 Athletinnen und Athleten in 27 Disziplinen an den Kanu-WM in Duisburg teil.

Gerade mit den Weltcup-Wettbewerben der letzten Jahre und den Wettbewerben der „World Games“ im Kanu-Polo bzw. Drachenbootrennen 2005 bewiesen die Duisburger Organisatoren ihr (welt-)meisterlichen Geschick in der Austragung von Kanu-Wettkämpfen.

Wolfgang Over, Generalsekretär des deutschen Kanu-Verbandes hatte vor den WM als „erstes Ziel“ die Olympia-Qualifikation möglichst vieler deutscher Boote für Peking 2008 als Order gegeben. Um so zufriedener war er mit den zahlreichen Medaillengewinnen für die deutsche Kanu-Flotte.

Sportlich ging es auf der Strecke von Duisburg-Wedau ebenfalls „heiß“ her.
Andreas Dittmer, das deutsche Markenzeichen im Kanu-Sport, war dabei der erhoffte Medaillengarant. Mit nunmehr 22 WM-Medaillen ist er ohnehin schon der erfolgreichste Canadier-Fahrer aller Zeiten. 8facher Weltmeister, 5facher Europameister und 3facher Olympiasieger – diese Erfolgsbilanz spricht Bände, verschweigt aber das hinter jedem Titel viel Talent, viel Ausdauer und enormer Trainingsfleiß stehen.

„Ich trainiere rund 20 Stunden in der Woche. Im Jahr sind das 4000 bis 5000 Kilometer mit meinem Boot.“, verriet der seit 1987 bereits bei internationalen Nachwuchs-Wettkämpfen eingesetzte SCN-Athlet.

Doch der Weg zum Kanu-Sport war für den gebürtigen Neustrelitzer, Jahrgang 1972, kein Zufall. Sein Vater Klaus Dittmer, selbst früher aktiver Kanute und erster WM-Teilnehmer in dieser Sportart 1970 bei den Titelkämpfen im C 1 über 10000 Meter, brachte den sportlichen Filius praktisch zum Kanusport.

„Meine ersten Paddelschläge machte ich übrigens 1983.“, blickt Andreas Dittmer auf die Anfangsjahre, die jetzt ihre neuerliche WM-Krönung erfuhren zurück.

Seinen ersten WM-Titel feierte er bei den „Senioren“ bereits 1994 – es war damals zugleich der 30.WM-Titel im Kanu-Rennsport für den SCN, dabei der erste im Canadier-Bereich für die Neubrandenburger.

Motivations-Probleme hat der erfahrene Athlet aber keineswegs: „Der Sport ist meine Passion. Dafür lebe ich. Aber ich nutze auch jede, noch so knappe Gelegenheit zum Ausgleich.“.

Große Triumphe, so die olympischen Goldmedaillen 1996, 2000 und 2004 oder die „doppelte“ Weltmeisterschaft 2003 in Gainesville (USA), kennzeichneten die sportliche Laufbahn des Neubrandenburgers mit Wohnort Waren.

Als es bei den EM in Spanien, kurz vor den WM im ersten Final-Rennen über die 1000 Meter (Sechster) nicht so lief und der Bundestrainer Kritik an seiner Vorbereitung äußerte, reagierte der Neubrandenburger Canadier mit M-V-typischer Gelassenheit: Er gewann ganz einfach die folgenden 500 Meter.

Doch mittlerweile zieht es den Hauptgefreiten der Bundeswehr-Sportfördergruppe Potsdam auch in den sportlichen „Unruhestand“: „Ich konzentriere mich voll auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking. Das soll mein letztes großes Rennen werden.“.

Die WM 2007 im Kanu-Rennsport in Duisburg war die 13.WM-Teilnahme Dittmers. Tatsächlich auch die letzte ? Wer den Kampfgeist des Neubrandenburgers bei der WM 2007 erlebte, mag dieses kaum glauben …

Fragen an den dreifachen Olympiasieger Andreas Dittmer über die Heim-WM 2007, die olympische Herausforderung 2008 und sportliche „Rückzugspläne“ …

Die WM 2007 gingen mit einem silbernen Erfolg für Sie zu Ende. Etwaige Rücktrittsgedanken nach Peking 2008 sind doch verflogen – oder?

Nein, der Entschluss im nächsten Jahr, das Paddel an den Nagel zu hängen, steht. Es darf doch erlaubt sein, mit dann 36 Jahren und vielen schönen Erinnerungen das Feld Jüngeren zu überlassen.

Wenn man als Leistungssportler viel Zeit und Energie investiert, um erfolgreich zu sein, dann freut man sich immer über das Erreichen eines Zieles. Das sagten Sie kürzlich in einem Interview. Kann man da so einfach von der „Passion Kanusport“ loslassen?

Das Kanu wird mich auch in Zukunft immer begleiten, wenn auch nicht in dieser Form. Ich habe in meinem Keller einen wunderschönen Wandercanadier hängen, der sollte dann öfter das Wasser berühren als mein Rennboot. Und schließlich werden die zukünftigen Ziele nur anders definiert.

Die WM 2007 waren ein echtes kanusportliches Fest, mit tollem Rahmenprogramm, niveauvollem Sport und zahlreichen Zuschauern. Haben Sie die Duisburger WM-Tage auch ein wenig privat genießen können, da ja auch die Familie anwesend war?

Es war eine super WM mit fantastischer Stimmung. Aus unserer Region waren ca. 60 Fans, Freunde und Bekannte mitgereist, um mich zu unterstützen. Ich habe es dann auch sichtlich genossen eine kurze Weile mit dem Tross zu feiern. Da mein sportliches Programm in diesen Tagen sehr üppig war, kamen diese Momente aber leider zu kurz.

Viermal hintereinander bei Olympia zu siegen, ist etwas ganz, ganz „Galaktisches“. U.a. schafften das, der dänische Segler Paul Elvström, der amerikanische Weitspringer Carl Lewis und der amerikanische Diskuswerfer Al Oerter. Gold in Peking ist für Sie sicherlich nun das große Ziel. Aber Gold 2012 in London hat doch auch einen speziellen Reiz …

Sie können es noch so oft versuchen, mir das Weitermachen schmackhaft zu machen, aber ich werde definitiv nur als Tourist nach London reisen. In einer sehr kräftezehrenden Sportart und dann noch in einer Individualdisziplin kann ich mir eine erfolgreiche Olympiade bis zu den Olympischen Spielen in London nicht vorstellen.

Ihr Vater war der erste WM-Teilnehmer Neubrandenburgs im Kanu-Rennsport 1970. Die Zeiten haben sich enorm geändert. Auch der Kanu-Rennsport ist inzwischen „High-Tech“. Sie erhielten drei Wochen vor den WM ein neues Boot. Ist das Bootsmaterial auch eine sehr wichtige Erfolgsgröße bei den Wettkämpfen oder gilt eher „zu 99,9 Prozent“ ist der Athlet entscheidend?

In meiner Sportart gab es in den letzten 10 Jahren eine enorme Entwicklung der Boote. Die Weltrekorde purzelten jedes Jahr aufs Neue. Mittlerweile haben sie sich allein auf der 1.000 m Strecke um nahezu 10 Sekunden verbessert. Diese rasante Entwicklung ist nun etwas gebremst. Es wird nicht mehr diese gewaltigen Sprünge geben. Die Unterschiede der Boote sind kaum messbar, daher ist im Endeffekt zu 99 % der Athlet für die Leistung entscheidend.

Birgit Schmidt, die große, ewig junge Dame des deutschen Kanu-Sportes, paddelte in Duisburg nicht. Dafür wurde sie von ihrer Nichte Fanny „vertreten“. Aus Ihrer Sicht: Wird die Fischer-Dynastie bei den Frauen ähnlich wie die Dittmer-Dynastie bei den Herren fortgeschrieben?

Die Frauen haben sich in den letzten Jahr gut entwickelt. Das zeigen die Ergebnisse der Weltmeisterschaften der letzten Jahre. Bei der diesjährigen WM waren alleine 10 Frauen im Einsatz. Alle sind sie mit Edelmetall nach hause gefahren. Ob es hier nur auf einen Namen fixiert ist wird die Zukunft zeigen. Fanny hat durchaus das Talent noch öfter auf dem Podium zu stehen, aber andere auch.

Sie haben viele Medaillen auf Ihrem sportlichen Konto. Außerdem erhielten Sie schon den „Bambi“, den „Pierre-de-Coubertin-Preis“ für „Fair Play“, das „Silberne Lorbeerblatt“, sind „schnellster Indianer“ und Ehrenbürger Neubrandenburgs. Welche „Trophäe“ davon ist Ihnen die liebste?

Es ist sehr schwer eine Wertigkeit dieser Auszeichnungen vorzunehmen, da sie von den unterschiedlichsten Organisationen oder Menschen für unterschiedliche Leistungen verliehen worden sind. Vielleicht ist meine erste Spartakiademedaille die wichtigste, weil damit alles angefangen hat. Der Leistungssport hat mich in meinem Leben so stark geprägt und ich habe ihm so viel zu verdanken. Eine Trophäe ganz anderer Art erhielt ich jüngst von der 6jährigen Lynn Beckert aus Waren (Müritz). Es war einen selbst geschriebener Brief, der liebevoller nicht sein konnte. Auch er wird einen Ehrenplatz bei mir zu Hause finden.

Die großen Höhepunkte des Kanu-Jahres 2007, EM und WM, sind Geschichte. Geht es jetzt erst einmal „in den Flieger zum Relaxen“?

Sie haben Recht, es geht jetzt in den Flieger. Aber nicht zum Relaxen sondern zu den vorolympischen Wettkämpfen nach Peking, anschließend zu einem international gut besuchten Wettkampf nach Moskau, den Neubrandenburger Wassersportspielen mit starker Beteiligung aus Ungarn, Tschechien und der Slowakei und am Ende der Saison steht noch ein Meeting in Toronto auf dem Plan. Also sie sehen, zum Relaxen komme ich vorerst nicht.

 

Text: Marko Michels

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