Gewichtheber-WM: Von „Germania“ nach Chiang Mai

Ende des 19.Jahrhunderts entstand in Schwerin der erste „Gewichtheber-Verein“; gegenwärtig werden in Südostasien die Weltmeister in dieser Sportart gekürt …

 

Während die deutschen Fußball-Kickerinnen am kommenden Samstag (22.09.2007) im Viertelfinale der Frauen-WM hoffentlich erfolgreich Nordkorea „stemmen“ werden (ab 11 Uhr live bei ARD/Eurosport), werden in Thailand „wortwörtlich“ die Gewichte gestemmt.

– Der erste schwerathletische Verein in Schwerin war übrigens der Athletik-Club „Germania“, der 1892 gegründet wurde und die Disziplinen Ringen, Gewichtheben und Gewichtwerfen anbot.

Logo der WM im Gewichtheben 2007Zur Zeit finden in Chiang Mai (Thailand) die Weltmeisterschaften für Frauen und Männer im Gewichtheben (14.9.-26.9.)statt – ein Welt-Championat mit quantitativen Bestleistungen.

So nehmen 245 Gewichtheberinen aus 58 Nationen an den WM 2007 statt; bei den Herren sind es gar 388 Athleten aus 76 Ländern.

Zehn Athletinnen und Athleten vertreten die deutschen Gewichtheberinnen und Gewichtheber bei diesen Meisterschaften: Sarah Blasnik und Yvonne Kranz bei den Frauen; Artjom Schalojan, Andre Winter, Rene Hoch, Michael Böhm, Rene Horn, Jürgen Spieß, Jörg Mazur und Almir Velagiz treten bei den Männern an.

Sarah BlasnikDie Jugend-Europameisterin Sarah Blasnik wechselte übrigens kürzlich von Frankfurt/Oder nach Stralsund, die Gewichtheber-Hochburg in M-V.

Aus den Reihen der Stralsunder Gewichtheber gingen bereits vordem eine Reihe von Weltklasse-Athleten hervor, so unter anderem Helmut Losch, Jürgen Heuser und Andreas Behm.

Losch, 1947 in Barth geboren und 1963 mit dem Gewichtheben in Stralsund beginnend, war bereits 1971 WM-Erster im Stoßen.

Bei Olympia 1972 in München wurde er Vierter. Seinen größten Erfolg, 1972/73 auch Vize-Europameister, feierte er bei Olympia 1976 in Montreal: Losch holte dort Bronze !

Jürgen Heuser, auch BSG Motor Stralsund, 1953 in Barth, wie Losch, geboren, feierte seinen größten Triumph in Moskau 1980. Dort erkämpfte er die olympische Silbermedaille.

1974 war er bereits WM-Dritter, 1975 WM-Vierter und 1978 gar Zweikampf-Weltmeister.

Vier Jahre später sorgte dann ein weiterer Stralsunder für viel internationale Furore: Der 1962 in der Weltkulturerbe-Stadt geborene Behm errang sowohl bei den EM als auch bei den WM anno 1982 die Silbermedaillen.

Im Leichtgewicht gab es als „Zugabe“ 1985/86 die europäischen Titel. Ein Jahr später, 1987, gewann Behm erneut die Vize-Weltmeisterschaft. Höhepunkt seiner sportlichen Karriere dürfte aber die Bronzemedaille bei Olympia 1992 sein !

Doch auch in jüngster Vergangenheit gab es aus M-V-Sicht, speziell in Stralsund, viel (Masters-)WM-Freude im Gewichtheben: Die für den TSV 1860 Stralsund startenden Annett Damme, Harry Barth (beide früher TAV Brüel) und Ralf Klingschat bewiesen ihre Klasse bei den Masters-WM in Kazincbarcika (Ungarn). Damme wurde Vize-Weltmeisterin, Klingschat belegte Rang drei und Barth wurde guter Vierter …

Bei den aktuellen WM gelten aber die Starterinnen und Starter aus China, Russland, der Türkei, aus Weißrussland, der Ukraine, Thailand, Bulgarien, Iran oder Korea als erste Medaillen-Kandidaten.

Während im „ewigen Medaillenspiegel“ aller WM bei den Herren deutlich Russland führt, waren die Chinesinnen bei allen bisherigen WM am erfolgreichsten.
 
Während der antiken Olympischen Spielen war Gewichtheben, in den damaligen Wettkämpfen wurden Steine gestemmt, sehr populär.

Doch ebenfalls seit den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit, 1896 in Athen, ist das „Gewichte heben“ auf dem Programm.

Die ersten Olympiasieger waren 1896 Launceston Elliott (England/einarmiges Gewichtheben) und Viggo Jensen (Griechenland/beidarmiges Gewichtheben). Seit den Spielen 1920 in Antwerpen gibt es die verschiedenen Gewichtsklassen, zunächst nur für die Herren.

Das heutige, moderne Gewichtheben, ist – im Vergleich zur Antike -eine „Symbiose“ aus Kraft und Übung: Auf der einen Seite die Teildisziplin Reißen, eine Bewegung der Gewichte vom Boden in eine verlängerte Armposition über den Kopf, und auf der anderen Seite die Teildisziplin Stoßen, bei dem das Gewicht vom Boden im Schulter-/Brust-Bereich abgesetzt und von da aus wieder in die verlängerte Armposition über den Kopf hoch gedrückt wird.

Jeder Heber hat sowohl beim Reißen als auch beim Stoßen drei Versuche, wobei der Athlet eigens bestimmen kann, mit welchem Gewicht er anfangen will. Beim zweiten Versuch ist nur noch eine Aufstockung des Gewichtes möglich. Falls der Sportler das Gewicht beim ersten Versuch nicht geschafft hat, kann er nicht auf ein niedrigeres Gewicht umsteigen.

Bis Anfang der 1970er Jahre gehörte auch das Drücken zum Wettkampf, wurde dann aber abgeschafft, da es von den Punktrichtern nicht unumstritten zu beurteilen war, ob ein Versuch gültig oder ungültig war.
 
Im Jahr 1905 wurde der internationale Weltverband der Gewichtheber gegründet.

Obwohl die IWF die ersten Weltmeisterschaften 1922 in Estland (Tallinn) organisierte, erkannte sie gleichzeitig 18 andere Meisterschaften als Weltmeisterschaften an.

So gelten die internationalen Meister des Jahres 1891 ff. heute auch als Weltmeister.
 
Weltmeisterschaften wurden dann erst wieder 1923 abgehalten, dann wieder nach einer längeren Unterbrechung 1937 und 1938.

Seit 1946 finden sie alljährlich (bis auf 1967) statt, wobei in Jahren der Olympischen Spiele diese Ergebnisse auch als offizielle WM-Ergebnisse gezählt haben.

Die europäische Gewichtheber-Föderation wurde im Jahre 1969 gegründet und organisiert seitdem die Europameisterschaften, welche aber erstmals bereits 1909 ausgetragen wurden.

Seit 2000 stemmen die Frauen Gewichte bei OlympiaSeit 1950 finden sie mit Ausnahme von 1967 jährlich statt.Die Damen ermittelten ihre ersten Weltmeisterinnen im Jahre 1987, bei denen gleich die Asiatinnen dominierten. Mehr als ein Dutzend Jahre später kürten sie ihre ersten Olympiasiegerinnen. Erste Olympiasiegerin überhaupt im Gewichtheben wurde 2000 die US-Amerikanerin Tara Nott (Klasse bis 48 kg).

„Ewige Medaillenwertung“ der Gewichtheber-WM (nach Anzahl der Medaillen im Drücken, Reißen, Stoßen, Zweikampf) seit 1891-2005 (Herren) bzw. seit 1987-2005 (Frauen)

> Herren

Land-Gold-Silber-Bronze

1. Russland: 364-244-114
2. Bulgarien: 200-160-117
3. Deutschland: 68-117-120
4. Polen: 49-83-107
5. China: 69-61-64
6. Ungarn: 33-52-74

> Damen

1. China: 287-73-23
2. Taiwan: 25-51-58
3. Bulgarien: 18-55-60
4. Ungarn: 6-37-33
5. USA: 8-29-33
6. Russland: 15-21-21

Marko Michels

Fotos: Verband Deutscher Gewichtheber

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