Hochschule Wismar hat bald 100.Geburtstag

Seit 1908 ist die Hansestadt ein beliebter Studienort …

Hauptgebäude der HS Wismar 2007Die Hochschule Wismar wird im nächsten Jahr „100“. Studierten 1908 nur 14 Studenten an der Ingenieur-Akademie, so zählt die Einrichtung mittlerweile rund 4700 Absolventen.

Begehrt sind insbesondere die Studiengänge „Architektur, Gestaltung und Design“, „Wirtschaftsrecht“, „Informatik“, „BWL“ oder die „Ingenieurwissenschaften“.

Vor 100 Jahren – Gründung der Ingenieur-Akademie …

Zwischen Tradition und Moderne – Entwicklungsetappen der Hochschulbibliothek Wismsr

Gründung der Ingenieurhochschule Wismar 1969 – Tätigkeit der neuen Hochschulbibliothek in den Folgejahren bis zur Konstituierung der Technischen Hochschule Wismar im Jahr 1988 (Teil 1)

Vorgeschichte: Bibliothek der Ingenieur-Akademie in Wismar

Am 9.Mai 1908 wurde die Ingenieur-Akademie Wismar als Privat-Institut durch Abschluß eines Vertrages zwischen dem Rat der Stadt Wismar und dem Architekten und Ingenieur Robert Schmidt gegründet.

Dabei sollte die Akademie eine höhere polytechnische Anstalt für Maschinenbau und Elektrotechnik sowie Bauingenieurwesen und Architektur sein. Die eigentliche Eröffnung, mit Beginn des Lehrbetriebes, erfolgte zum Wintersemester 1908/09.

Der Rat der Stadt Wismar stellte die Unterrichts- und Verwaltungsräume zur Verfügung und sicherte der Akademie jährliche Subventionen zu – bis zu einer Anzahl von 420 Studenten.

Stadtbaumeister Zeroch legte den Kostenanschlag zum Umbau des alten Schulhauses am Hof der Heiligen-Geist-Kirche zur Ingenieur-Akademie vor. Die Kosten sollten bei 40000 Mark liegen.

Kapelle am Heiliggeisthof WismarDazu waren u.a. der Ausbau der Kapelle am Heiliggeisthof zur Bibliothek und zum Leseraum für 3000 Mark in Planung. Zur Eröffnung des Wintersemesters am 25./26.Oktober 1908 schrieben sich 13 Studenten ein (Einer folgte später !), denen auch tatsächlich eine kleine Bibliothek zur Verfügung stand.

Danach hatte die wissenschaftliche Institution an der Ostseeküste wechselhafte Zeiten zu überstehen, neue Standorte zu akzeptieren mehrmals stand auch ihre Existenz zur Debatte.
 
Bis 1945 bestand die Einrichtung als „Ingenieur-Akademie“, zwischen 1945 bis 1947 als „Staatliche Bau- und Ingenieurschule Wismar“, 1948/1952 als „Staatliche Ingenieurschule für Maschinenbau, von 1952 bis 1968 als „Fachschule für Schiffbautechnik. Fachschule für Bauwesen.

Ingenieurschule für Schwermaschinenbau und Elektrotechnik.“, 1968/69 als „Ingenieurschule für Maschinenbau, Elektrotechnik und Bauwesen“, im Zeitraum 1969 bis 1988 als „Ingenieurhochschule Wismar“, von 1988 bis 1992 als „Technische Hochschule“ und ab 1992 als „Hochschule Wismar.

Fachhochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung.“. Erfreulicher Aspekt in dieser Entwicklung war ebenfalls, dass die wissenschaftliche Einrichtung seit 1908 stets eine eigene Bibliothek besaß, die fast zu jeder Zeit über ein breites Angebot an technisch-ingenieurwissenschaftlichen Beständen verfügte.

Als Bibliothek der Ingenieurhochschule …

Im Jahre 1969 konnte nach ministerieller Beschlußfassung die Ingenieurhochschule Wismar gegründet werden, die damit den bisherigen Status der Einrichtung als Fachhochschule ablöste.

Erste Leiterin der Bibliothekseinrichtung wurde E.Wolf. Ab September 1969 wurden die bisherigen Informationsstellen Bauwesen, Maschinenbau und Elektrotechnik umgestaltet und durch die Zentralstelle für Information/Dokumentation und die Informationsstellen der Sektionen Bauwesen, Elektrotechnik/Elektronik, Ingenieurwesen sowie sozialistische Betriebswirtschaft ersetzt.

Aus ideologischen, weniger aus wissenschaftlichen Gründen nach den Beschlüssen des Ministeriums für Bildung der DDR kommt es zur Neuformierung der Informationsstelle Marxismus/Leninismus.

Zur „Straffung“ der politischen Überzeugungen im realsozialistischen Sinne bilden zudem die Gewerkschaftsmitglieder der HSB Wismar zusammen mit den Mitarbeitern der Strukturbereiche Prorektorat Prognose, Wissenschaftsentwicklung und Direktorat Forschung eine Gewerkschaftsgruppe.

Ziel ist es, die politisch-ideologische Arbeit an der Ingenieurhochschule und deren Bibliothek zu koordinieren. Neue organisatorische Strukturen bilden sich zusätzlich im Oktober 1969 heraus.

So arbeiten die Direktoren der Ingenieurhochschulbibliotheken im Arbeitskreis der Hochschulbibliotheken mit. Der 1959 gegründete Arbeitskreis ist als so genanntes „kollektives Organ“ zur koordinierten und einheitlichen Durchsetzung zentraler Dokumente auf dem Gebiet des Bibliothekswesens und der wissenschaftlichen Information in den Hochschulbibliotheken tätig.

Dessen Aufgabe besteht darin, Entscheidungsvorschläge und Empfehlungen zur künftigen Entwicklung der wissenschaftlichen Bibliotheken beim Ministerium für Hoch- und Fachhochschulwesen zu machen.

Die Arbeitsgruppe fungiert entsprechend als Beirat des Ministeriums für das wissenschaftliche Bibliothekswesen bzw. die wissenschaftliche Information.

Im Januar 1970 ist dann ein personeller Wechsel an der Spitze der Wismarer Bibliothekseinrichtung erforderlich. Johannes Freydank übernimmt deren Leitung. Eine seiner ersten Amtshandlungen ist der Aufbau neuer Kataloge zur Bestandserschließung.

Dabei erfolgen die Titelaufnahmen zunächst nach den „Preußischen Instruktionen“ und der „Systematische Katalog“ wird nach dem „Rostocker System“ erstellt.

Zugleich und begleitend wird der für ideologische Schulungen der Hochschulmitarbeiter, Dozenten und Studenten bestimmte Sonderkatalog „Parteitage, ZK-Tagungen“ realisiert.

„Frischer Wind“ durch Johannes Freydank

Doch der Wismarer Direktor Johannes Freydank war freilich alles andere als ein ideologisch „einfältiger“ Bibliothekar. Ihm ging es vor allem um die Verbesserung vorhandener Bibliotheksstrukturen.

Es konstituierte sich – auf seine Initiative hin – die Kommission Bibliothek und Information/Dokumentation des wissenschaftlichen Rates der Ingenieurhochschule.

Unter Leitung des Direktors Freydank arbeiteten hier wissenschaftliche Mitarbeiter und Studenten der einzelnen Sektionen sowie die Leiter der Sektionsinformationsstellen mit.

Dabei ging es vor allem um die Durchsetzung eines einheitlichen leistungsfähigen Systems Bibliothekswesen und Information/Dokumentation an der Ingenieurhochschule.

Bereits im Februar kommt es zur Verabschiedung konzeptioneller Überlegungen. Folgende inhaltliche Beschlüsse sollen danach bis zum Jahr 1975 in der Praxis umgesetzt werden:

1. Die Zentralstelle für Information/Dokumentation wird Bestandteil der Hochschulbibliothek.
2. Der gesamte Literaturbestand der Hochschule wird von der zentralen Bibliothek verwaltet.
3. Die bereits bestehenden Sektions- und Abteilungsbibliotheken werden in Handbibliotheken bei den Sektionen und Abteilungen umgestaltet.
4. Die Mittel für die Literaturbeschaffung werden von der Bibliothek verwaltet; alle Literaturbestellungen erfolgen über die zentrale Bibliothek.
5. Eine Erwerbungsrichtlinie und die Benutzungsordnung werden erarbeitet.

Dementsprechend besteht die Hochschulbibliothek aus zwei Abteilungen, der zentralen Bibliothek und der Zentralstelle für Information/Dokumentation, der die einzelnen Informationsstellen der Sektionen fachlich zugeordnet sind.

Unter der Ägide von Direktor Freydank verstärken sich außerdem die Kooperationen zwischen der Hochschulbibliothek Wismar und der Universität Rostock. Im August 1970 wird eine Arbeitsvereinbarung beider Einrichtungen schriftlich fixiert.

Die Zusammenarbeit wird u.a. auf den Gebieten Zentralkatalogisierung, Schriftentausch, Erfahrungsaustausch und Benutzung erfolgen und soll die Bestandserschließung sowie den Benutzer-Service effizienter gestalten.

„Meilensteine“ beim weiteren Aufbau der Hochschulbibliothek Wismar gerade im ersten Jahr des Bestehens sind die Umsetzung einer Benutzungsordnung im September 1970, der Beginn der Schaffung einer Lehrbuchsammlung und die Konzipierung eines Sonderkataloges Lehrbuchsammlung, welcher ständig fortgesetzt wird, im Oktober 1970 und letztendlich der Beginn des Aufbaus eines bibliographischen Handapparates, der den Beginn zur Erwerbung von Bibliographien und Nachschlagewerken zur Folge hat.

SED-Einfluss auf die Bibliotheksarbeit

Allerdings wird die praktische, eigentliche Bibliotheksarbeit in jenen Jahren durch ständige Forderungen der SED für eine größere Unterstützung von deren Politik, auch durch die Hochschulbibliothek Wismar, behindert.

So müssen anläßlich des 25.Jahrestages der Gründung der SED entsprechende Ausstellungen, z.B. eine Literaturausstellung zu Ehren des VIII. SED-Parteitages organisiert werden. Dennoch gelingt es – trotz dieser zeitlich-organisatorischen Zusatzbelastung – im Juni 1971 die Abteilung Benutzung mit den Bereichen Ortsleihe, Fernleihe und Lesesaal zu bilden.

Ein Problem bleibt jedoch, die Verbesserung der räumlichen Situation, insbesondere für die Unterbringung der seit 1971 zu erwerbenden Literatur. Auch die Verbesserung des Benutzer-Services ist die „Tagesaufgabe Nr. 1“ der Hochschulbibliothek Wismar Anfang der 1970er Jahre.

Es können aussagekräftige Kataloge zur Lehrbuchsammlung angelegt, Sonderkataloge aufgebaut und die regelmäßige Herausgabe bibliographischer Informationen (Neuerwerbungsverzeichnisse) verwirklicht werden.

Dennoch bleibt der ideologische Einfluß der SED auf die Tätigkeit der Hochschulbibliothek Wismar eine ständiger „Makel“.

So wird im September 1971 das Prorektorat Gesellschaftswissenschaften das Anleitungsorgan für die Einrichtung; im Januar 1972 erfolgt des weiteren die Gründung einer eigenen Gewerkschaftsgruppe, die dem Bereich Marxismus-Leninismus, Sprachen sowie Sport zugeordnet wird.

Heutige HS-Bibliothek WismarErste Kontakte u.a. zu westdeutschen und österreichischen Buchverlagen werden geknüpft; in den Folgejahren werden diese Kontakte – trotz argwöhnischer Beobachtung durch die SED – kontinuierlich weitergeführt … (Fortsetzung folgt)

T/F: Marko Michels

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