Olympischer Rudersport 2008

Marie-Louise Dräger über ihre Olympia-Vorbereitung und ihre Olympia-Ziele …

Die Erfüllung eines Lebenstraumes …!

Marie-Louise Dräger

Marie-Louise DraegerGeburtsjahr: 1981 in: Lübeck – Wohnort: Rostock – Verein: Olympischer Ruder-Club Rostock – Größe: 1,70 Meter – Gewicht: 57 kg – Beruf: Sportsoldatin – Trainer: Meinhard Rahn – Hobbies: gut Essen, Leichtathletik, Musik – Erfolge (Auswahl): Weltmeisterin 2003/2005
(Leichtgewichts-Doppelzweier), WM-Dritte 2007 (Leichtgewichts-Doppelzweier)

Frage: Marie, warum wechselt eine gebürtige Lübeckerin nach Rostock ? Am leckeren Marzipan kann es doch absolut nicht liegen ? Oder magst Du lieber Rostocker Ostsee-Heringe ?

Marie DrägerMarie: Es war sowohl Eigen-Initiative als auch „Einfluß von außen“.
Andreas Angerstein, Trainer beim RRC, „entdeckte“ mich 1994 bei einem Laufwettkampf für Ruderer und war der Auffassung, dass ich eher eine Leichtathletin sein, als mich im Wassersport auszukennen. Ich war ja damals Ruderin und Leichtathletin „in Personal-Union“. Ich warf den Speer, versuchte mich im Stabhochsprung und lief die mittleren Distanzen. Ein persönlicher Schicksalsschlag, der damalige Tod meiner Großmutter, veranlaßte mich zum „Tapetenwechsel“. Ich wollte nur noch weg aus Lübeck.
Der „Zufall“ wollte es, dass mich Herr Angerstein nach Rostock einlud, um ihm zu beweisen, dass ich auch mit Skulls und Dollen umgehen kann – und dort blieb ich auch. Mir gefällt die Mentalität, die Herzlichkeit der Leute in Rostock. Hier fühle ich mich wirklich zu Hause ! Übrigens: Marzipan mag ich gar nicht so gern, und Fisch überhaupt nicht 😉

Frage: Bereits bei den WM der U23-Ruderinnen 1999 belegtest Du einen zweiten Rang. Es folgten bis 2007 noch u.a. zwei Weltmeistertitel. Bei den Heim-WM in München-Oberschleißheim gab es 2007 Bronze. Was strebst Du in Peking an ?

Marie: Erst einmal ist eine olympische Finalteilnahme ein ganz großer Erfolg. Wenn man so will, wäre das mein Minimalziel. Aber: Jedes Rennen hat seine eigenen Gesetze und eine Medaille sollte es dann doch sein. Gold ?! Das wäre die Erfüllung eines Traumes !

Marie DrägerFrage: Auf dem Weg nach Peking „könnten noch einige Krebse gefangen werden“ … Welche wichtigen Wettkämpfe wirst Du in Blickrichtung Peking 2008 bestreiten ?

Marie: Ich hatte ja schon intensive Vorbereitungsphasen in diesem Jahr.
Anfang Februar 2008 waren wir Ruderer ja im Trainingslager in Sevilla. Im März stand dann ein Trainingscamp in Brandenburg auf dem Programm. Ende März hatten wir unsere Wettkämpfe auf der Kader-Langstrecke über 6000 Meter. Ein äußerst wichtiger Wettkampf wird dann Ende April stattfinden: die deutschen Kleinboot-Meisterschaften in Brandenburg. Dort werden dann die einzelnen Boote mit Blickrichtung Peking personell „zusammengesetzt“. Zwei Weltcups sind dann noch auf unserer olympischen Vorbereitungs-Agenda: der Weltcup im Mai in München und der Weltcup im Juni in Luzern. Vor Olympia geht es dann noch ins Höhen-Trainingslager nach St.Moritz. Und Ende Juli steige ich dann hoffentlich ins Flugzeug nach Peking und darf sagen: Olympia, ich komme !!!

Frage: Rudern, Rudern, nochmals Rudern. Das ist doch sicherlich nicht Dein ganzer Tagesablauf. Wie sieht Dein Leben neben dem Ruder-Boot aus ?

Marie: Auch, wenn man es in mecklenburgischen Breiten kaum glauben mag:
Ich bin ebenfalls ambitionierte Hundeschlittensportlerin, was ja nach den weißen Ostern 2008 in M-V besonders gut passt. Auf der „Wolfscountry-Ranch“ von Dieter Demske und Rosemarie Woest bin ich aktiv auf dem Hundeschlitten, fahre mit, steuere den Schlitten und kümmere mich auch um die Hunde. Das ist Abwechslung pur. Im Dezember ist auch die Teilnahme an einem Wettkampf geplant. Es ist phantastisch, die schöne mecklenburgische Landschaft auf dem Hundeschlitten zu erkunden. Das ist Natur, wie ich sie mag.
Ansonsten gebe ich auch noch Nachhilfe-Unterricht im Kinder- und Freizeitzentrum in Rostock. Die Arbeit mit den „Kids“ bereitet mir ebenfalls viel Freude. Sie sehen, Rudern ist nicht „alles“ für mich !

Frage: Einige Rostocker Ruderinnen und Ruderer haben gute Olympia-Chancen 2008, so Nicole Zimmermann, Marlene Sinnig, Mathias Flach oder Rene Burmeister. Gibt es enge Kontakte oder auch einmal gemeinsames Training mit den anderen Ruderern der Hansestadt ?

Marie: Jeder bzw. jede hat seine bzw. ihre eigene Bootsklasse mit individuellen Ansprüchen und Training. Wir Rostocker sehen uns aber mindestens zweimal im Jahr, bei den Höhentrainingslagern im Winter und im Sommer in St.Moritz. Engeren und regelmäßigen Kontakt habe ich zu Andreas Dittmer, der mir immer wieder hilfreiche sportliche Tipps und Hinweise gibt.
Seinen Wettkampf in Peking möchte ich auch als Zuschauerin vor Ort verfolgen.

Frage: Rostock und Rudern ist seit Jahrzehnten eine erfolgreiche Symbiose.
Wie ist Deine Meinung zur Betreuung und Unterstützung seitens des Vereines ?

Marie DrägerMarie: Die Bedingungen im Verein haben sich in den letzten 5-6 Jahren deutlich verbessert. Wir haben eine neue Bootshalle und als Ruder-Verein einen der besten Krafträume mit neuen Ergometer-Geräten deutschlandweit.
Auch die Versorgung mit neuem Bootsmaterial klappt sehr gut. (Anmerkung: Rudern ist ein finanziell sehr aufwendiger Sport. So kostet z.B. ein Boot für den Einer-Wettkampf zwischen 6000 und 9000 Euro …)
Zudem haben wir vier sehr sachkundige Trainer sowie zwei weitere Übungsleiter im Verein. Ein Sponsorenpool unterstützt unsere sportliche Aktivität ebenfalls. Ohne deren Hilfe wäre erfolgreicher Rudersport in Rostock gar nicht möglich.

Frage: Obwohl Rudern in der Vergangenheit wie in der Gegenwart eine äußerst erfolgreiche Sportart ist, wird sie „nur am Rande“ wahrgenommen. Wie könnte aus Deiner Sicht der Rudersport noch attraktiver werden ?

Marie: Naja, Ideen gibt es genug. Nur der internationale Ruder-Verband ist in dieser Hinsicht sehr konservativ. Es werden ja bereits Sprintrennen ausgetragen, in denen es nicht ganz so „langatmig“ und noch rasanter zugeht.
Sicherlich wäre auch ein K.O.-Modus bis zum Finale denkbar, doch dann müßten die Strecken auch kürzer sein. Und „Mixed“-Wettbewerbe sind nur bedingt möglich. Ich hatte ja schon 2005 ein gemeinsames Training mit einem rudersportlichen „Leichtmatrosen“, der nicht wesentlich größer und nur 10 kg schwerer war. Das war trainingsmethodisch mal sehr interessant, mit einem „Fun-Faktor“ versehen, aber wettkampfmäßig ist es wohl nicht das Richtige …
Aber die Ruder-Wettkämpfe in der heutigen Form sind schon spannend. So erkämpften wir bei den WM 2007 „haargenau“ mit den Däninnen die Bronzemedaille, nach viel „Hin und Her“. Für einen Moment dachte ich schon: „Oh Gott, Bronze ist futsch …“. Es gab allerdings ein versöhnliches Ende.

Frage: Du warst Studentin für das Lehramt an Gymnasien mit der Fächerkombination Mathematik/Sport. Sport ist ja okay. Aber warum mußte es ein „so ätzendes Fach“ wie Mathe sein ?

Marie: Mathe war mir schon immer leicht gefallen. Ich bin eben eine „berechnende Ruderin“ ! Vielleicht werde ich später einmal zur Sozialpädagogik wechseln; die heutige Situation an den Schulen ist mir etwas zu „nervig“. Ich glaube, als normale Pädagogin fehlt mir die Geduld …

Frage: Nach Deinen Berechnungen – Welche Medaille wirst Du in Peking holen ?

M.L.Dräger (Mitte)Marie: Hoffentlich, irgendeine !

Aktuelle Frage: Nach den Unruhen in Tibet und der harten Reaktion der Chinesen darauf wurde bzw. wird eine Boykott-Diskussion geführt. Wie ist Deine Meinung dazu ?

Marie: Der Sport kann Politik nicht verändern. Er kann aber eine Beispiel für echtes Miteinander und Toleranz sein. Daher wäre ein Boykott kontraproduktiv. Ich denke schon, dass Olympia positive Spuren in China hinterlassen kann. Zudem: Ein Boykott würde nur die Sportler, die sich vier Jahre auf diesen absoluten Höhepunkt vorbereitet haben, bestrafen. Ein sportliche Lebenstraum würde zerstört werden !

Marko Michels

Die weiteren potentiellen Olympia-Kandidaten aus M-V im Rudern

Matthias Flach – Ruderverein: Olympischer Ruder–Club Rostock von 1956 e.V.
– geboren: 30.09.1982 – Körpergröße: 200 cm – Gewicht: 97 kg – Beruf: Sportsoldat – Erfolge (Auswahl): bei WM – 2007 3. Vierer mit, 2004 1. Vierer mit, 2003 1. Vierer mit / 2000 1. Platz Junioren-Weltmeisterschaft Zweier mit, 1999 3. Platz Junioren-Weltmeisterschaft Vierer ohne

René Burmeister – Ruderverein: Rostocker Ruderclub von 1885 e.V. – geboren: 02.05.1984 – Körpergröße: 189 cm – Gewicht: 80 kg – Beruf: Student – Erfolge (Auswahl): 2004 1. Platz FISA U 23 Championships Doppelzweier, 2004 Ersatzruderer Olympische Spiele, 2003 2. Platz FISA U 23 Championships Doppelzweier, 2002 1. Platz Juniorenweltmeisterschaft Doppelzweier, 2001 2. Platz Juniorenweltmeisterschaft Doppelzweier

Marlene Sinnig – Ruderverein: Olympischer Ruder–Club Rostock von 1956 e.V.
– geboren: 11.12.1984 – Körpergröße: 176 cm – Gewicht: 65 kg – Beruf: Sportsoldatin – Erfolge (Auswahl): 2007 WM-5. Achter, 2003 1. Platz FISA U 23 FISA Championships Vierer ohne, 2002 2. Platz Junioren-Weltmeisterschaft Achter

Fotos: Autogrammkarte M.L.Dräger / Marie Dräger auf dem „winterlichen“ Rostocker Universitätsplatz am 26.März 2008. (Aufnahmen: M.M./3)

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