Schweriner OB-Wahl und „Har(t)zer Käse“

Neue OB oder neuer OB mit neuem wirtschaftlichen Schwung für Schwerin ?

SchlossDie Wahl zu einer neuen Oberbürgermeisterin oder eines neuen Oberbürgermeisters „läuft“ seit 8.00 Uhr auf vollen „Touren“, wobei möglichst viele der wahlberechtigten rund 80000 Schwerinerinnen und Schweriner vom Wahlrecht Gebrauch machen sollten.

Geht es doch um die wichtigste Personalentscheidung an der Spitze der Stadtverwaltung.

Nun kann zwar eine oder ein OB keine Wunder vollbringen, aber – unter anderem – bessere Rahmenbedingungen für die Ansiedlung neuer Investoren oder Unternehmen anregen und konzipieren.

Die Arbeitsmarkt-Situation in Schwerin – im Schnitt zwischen 14 bis 15 Prozent Arbeitssuchende – ist zwar nicht ganz so prekär wie in anderen Teilen in M-V, aber schlimm genug ist hier die Situation dennoch, da auch die offiziellen Statistiken der Arbeitsagentur nur bedingt aussagekräftig sind.

Der Anteil der Alg II-Empfänger in M-V an der Gesamtbevölkerung stieg im erhobenen Zeitraum von 2004 bis 2007 in M-V jedenfalls um 2,8 Prozent – und „richtige Entspannung“ ist nicht in Sicht.

Um so überraschender war es, dass im zurückliegenden OB-Wahlkampf konkrete und detaillierte Konzepte zur Verbesserung der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Lage kaum leidenschaftlich diskutiert, eher „Allgemeinplätze“ angesprochen wurden.

Das verwundert um so mehr, schob doch ein fast täglich erscheinendes Boulevard-Blatt mit der Diskussion um die monatliche Höhe des „Hartz IV“-Satzes – vor dem Hintergrund einer nach wie vor bedrückenden Arbeitslosigkeit in Schwerin und anderen Teilen Deutschlands – eine Diskussion an, die die Gemüter inm ganzen „Vater – und Mutterlande“, auch in M-V`s Landeshauptstadt, erregte. Monatlich 132,- Euro seien zum Leben ausreichend …

Vom Hörsaal auf den Acker …

Nach Meinung eines Chemnitzer Professors waren die schlimmen „Hartz IV“-Empfänger „überbezahlt“. Die „Schmarotzer“ im Staate. Nicht etwa Politiker mit schwarzen Koffern, nicht etwa „Arbeitgeber“, die Steuern hinterziehen, nicht etwa hochbezahlte Sportmillionäre, über die Sinnhaftigkeit deren „Jobs“ man ja eigentlich vortrefflich diskutieren könnte, nicht etwa Betriebsräte, die sich schmieren lassen, sondern die „Hartzer“ sind die „Feinde der Demokratie“.
Entweder hatte dieser „Professor“, der ja zeitlebens – ob hier oder anderswo – von zuerkannten, anscheinend zu hohen (auch staatlichen !) „Geldsummen“ lebte, etwas zu viel von dem genossen, was er „Hartz IV“-Empfängern nicht zubilligen möchte – nämlich vom Alkohol.
Also, was lehrt uns das ?! Manche „Professoren“ aus Chemnitz sollten lieber vom Hörsaal auf den Acker wechseln, um dort beim Erdbeerpflücken oder Spargelstechen einmal das zu tun, was sie vorher anscheinend nie richtig taten – zu arbeiten !

Und: Arbeit gibt es in diesem Lande „ohne Ende“ – im sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder allgemein-gemeinnützigen Bereich. Nur, diese Arbeit muß überhaupt bzw. ausreichend entlohnt werden. Sicherlich, in Deutschland muß niemand (zumindest „eigentlich“ !) verhungern, gleichwohl – und das betrifft insbesondere die Heranwachsenden aus sozial schwachen Familien – so mancher hungern.

Es wird mittlerweile Desinformation mit unzureichenden und kaum aussagekräftigen Statistiken betrieben (siehe BamS vom 7.September, S.20, 7.Frage/Sozialsatz im Ausland !). Dann müßten Lebenshaltungskosten, Abgaben, allgemeine Steuerbelastung, angebotene Fördermaßnahmen, etc. in den einzelnen Ländern ebenfalls mitberücksichtigt werden – und dann erscheint Deutschland diesbezüglich in keinem so „sozialen Lichte“ !

Des Weiteren: Hartz IV ist willkürlicher Nihilismus, wie man ihn bestens in Zeiten des Nationalsozialismus und Kommunismus „anwandte“. Es gibt genügend Menschen, die unverschuldet, als Folge politischer Verfolgung zu DDR-Zeiten, aus gesundheitlichen Gründen, aus durchsichtigen „Rationalisierungsmaßnahmen“ (angeblich zu hohes Alter) oder aus familiären Gründen (Kinder als „Einstellungshürde“) vom ersten Arbeitsmarkt gefegt wurden. Diese mit sicherlich vorhandenen „Drückebergern“ und „Faulenzern“ auf eine Stufe zu stellen, ist widerwärtig. Nur gegen die „schwarzen Schafe“ wird in der Praxis seitens der „ARGEn“ doch kaum vorgegangen und Sanktionen verhängt.

Nicht zuletzt: Schaut man sich einige – und wohlgemerkt einige – Erwerbsbiographien in vielen deutschen Stadt- und Landesparlamenten bzw. im Bundestag an, dann gibt es diese typischen Beamten- und Funtionärs-Karrieren nach der Devise „Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platze mit dem richtigen Parteibuch und Leumund“. Einige dieser „Volksvertreter“ (glücklicherweise hoffentlich nicht die Mehrheit) wäre – auf dem „normalen Arbeitsmarkt“ – selbst akut existenzgefährdet. Diese Leute mit diskussionswürdigen Hintergrund und oftmals hanebüchenen Qualifikationen wollen anderen weismachen, dass Hartz IV ein „Heilmittel“ in Richtung Arbeitsmarkt sei – ein deutscher Witz anno 2008, wenn es nicht so traurig wäre.

Fürsprecher findet Hartz IV eben nur bei solchen Vertretern, die jahrelang, in Verwaltungen, Bildungseinrichtungen, Verbänden oder Parteien, viel staatliche Gelder kassierten und heute den „Möchte-gern-groß“ geben. Weder diese „Volksvertreter“, noch „Fürsprecher“ sollte man ernst nehmen. Nein, es gibt genügend Arbeit und Geld in diesem Lande. Es ist nur unzureichend verteilt und befindet sich oftmals in den Händen von Leuten (und deren Nachkommen), die schon während des Wilhelminismus, Nationalsozialismus oder Kommunismus zu den Profiteuren menschenverachtender Systeme gehörten. Aber Geld „stinkt“ bekanntlich nicht und ist genügend Zeit vergangen, ist es dann schon wieder „sauber“.

Die Hartz IV-Empfänger in Schwerin und im Lande wird dieses aber kaum „trösten“.

Bleibt nur die Hoffnung, dass eine neue OB oder ein neuer OB Schwerin auch neuen wirtschaftlichen Schwung verleiht – Hoffnung ist angesagt, obwohl die Skepsis bleibt …

Dr. Marko Michels

Nach oben scrollen