Turn-Jubiläum in Schwerin

Das Jahr 2007 war nicht nur das Jahr der Turn-WM in Stuttgart …

Tau-Hangeln gehörte 1896 zum Turn-ProgrammSeit 160 Jahren lassen sich in Schwerin intensive turnerische Aktivitäten nachweisen; in einer Sportart, die seit den ersten Olympischen Spielen 1896 stets zum olympischen Programm gehörte und die auch heute noch zu den beliebtesten und erfolgreichsten Sportarten in der Landeshauptstadt M-V`s gehört.

Der Männer-Turn-Verein von 1859 in Schwerin – Anfänge eines organisierten Turnwesens in Schwerin

„In der Zeit, als nach langem Druck im deutschen Vaterlande die Turnerei und ihre Bestrebungen allmählich wieder zu Ehren kamen, als die Geister in der Hoffnung auf eine bessere Zeit freier wurden und die deutschen Männer es wagen durften, ihren auf Deutschlands Einheit und Größe gerichteten Gedanken Ausdruck zu geben und sich zusammenzuschließen, um in gemeinsamer Turnarbeit den Körper zu stählen, die Vaterlandsliebe zu pflegen und den deutschen Gedanken hinauszutragen in das Volk, da entstanden auch der Turnsache hier in unserer Stadt geeignete und schaffensfreudige Männer, die mit viel Arbeit und Mühe den Grundstein legten zu unserm lieben Männer-Turn-Verein.

16 angesehene Männer, durchdrungen von dem hohen Wert des deutschen Turnens, traten auf Einladung des Buchhändlers Ernst Bär am 18.Oktober 1859 zu einer Beratung zusammen, und schon an demselben Abend erfolgte die Gründung eines Männerturnvereins.“, heißt es in der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum des Männer-Turn-Vereins zu Schwerin.
 
Doch die ersten turnerischen Aktivitäten einzelner Schweriner sind bereits viel früher feststellbar.

So sollen am ersten Hanauer Turntag 1848 über den 1816 gegründeten Hamburger Turnverein ebenfalls Schweriner teilgenommen haben.  

Ein größeres turnerisches Engagement darüber hinaus ist ferner in den frühen 50er Jahren des 19.Jahrhunderts festzustellen. So fanden Freiluftübungen insbesondere auf dem Exerzierplatz an der Wismarschen Strasse statt.
 
Maßgeblich beeinflußt wurde die turnerische Entwicklung in Schwerin einerseits über die Gründung des schon erwähnten Hamburger Turnvereins als auch andererseits über die Gründungen des Turn- und Sportvereins Friedland 1814 bzw. des Stavenhagener Sportvereins von 1863.

Deutsche Turner bei Olympia 1904Der Geist von GutsMuths, Jahn, Friesen und anderer konnte auch in Schwerin nicht mehr unterdrückt bzw. ignoriert werden.
 
Bereits am 25.Oktober 1859 – 7 Tage nach seiner Konstituierung – konnte der Schweriner Männer-Turn-Verein im „Zanderschen Lokal“ die erste Turnstunde abhalten.

Die Anzahl der Turner (22) und die Auswahl an Geräten (Barren und Pferd) war nicht gerade „üppig“, aber es herrschte dennoch eine Aufbruchstimmung unter den anwesenden Turnern, von der weitere turninteressierte Schweriner faktisch „mitgerissen“ wurden.

Die Entwicklung des Männer-Turn-Vereins vollzog sich in ungeahnter Schnelligkeit: Ende 1861 zählte der Verein bereits 125 Mitglieder und 1862 waren 279 Mitglieder gemeldet.
 
Als erster Vereinsleiter amtierte der Schweriner Buchhändler E.Bär, der von den Herren Ed. Becker (Aktuar/später Geheimer Kabinettsregistrator) und K.Köpcke (Lehrer/später Bankdirektor), die als Turnwarte fungierten, unterstützt wurde.

Der Divisions-Turn- und Fechtlehrer Carl Laufer übernahm die Leitung des Turnens. Zur Seite stand Laufer eine gut geschulte Vorturnerschaft, die zur damaligen Zeit die Hauptstütze des Vereins bildete.

Engagement zeigte der Männer-Turn-Verein auch bei der Bildung sogenannter „Zöglingsriegen“; mit diesen sollte der Jugend Gelegenheit gegeben werden, geregeltes Turnen betreiben zu können. Viele der späteren Vorturner entstammten dieser „Zöglingsriegen“.
 
Seit 1905 die Stätte des MTV - Turnhalle Lübecker Str.In den Jahren 1859 bis 1863 standen dem Verein an „Turnlokalen“ nur Restaurationssäle, zeitweise auch der Exerzierplatz und das Exerzierhaus an der Wismarschen Strasse zur Verfügung.

Der häufige Wechsel der „Turnlokalitäten“ wirkten sich allerdings störend auf den Turnbetrieb aus, so daß die Mitglieder beschlossen, eine eigene Turnhalle zu bauen.

Dank der Waisenstiftung in Schwerin und eigener Vereinsguthaben konnte zum Preis von 840 Talern ein Grundstück, Ecke der Amts- und Ferdinand-Schulz-Straße, erworben werden. Damit war die Finanzkraft des Vereins aber erschöpft …

Glücklicherweise genoß der Schweriner Männer-Turn-Verein große Wertschätzung und ein großes Ansehen sowohl bei der Schweriner Bevölkerung als auch bei Schweriner Firmen.

Für die zum Bau notwendige Summe von 5360 Talern gab die städtische Sparkasse 2000 Taler gegen Zinsen; die fehlenden 3360 Taler wurden von Mitgliedern und Freunden des Vereins durch den Kauf von Aktien, a 10 Talern, zinslos zusammengebracht.

Somit konnte doch noch mit dem Bau einer eigenen Turnhalle begonnen werden. Am 24.Oktober 1863 – in Verbindung mit dem 4.Stiftungsfest des Vereins – wurde die neu erbaute Turnhalle eingeweiht.

Große Verdienste bei der Realisierung des Baus der vereinseigenen Turnhalle erwarb sich insbesondere der damalige Vorsitzende des Vereins, der Advokat (Bankdirektor) A.Kirchner, welcher ebenfalls eine beträchtliche Geldsumme seinem Verein zur Verfügung stellte.

Ab 1860 entstanden einige Zweigabteilungen innerhalb des Vereins. Sangeskundige Mitglieder traten zu einer Gesangsriege zusammen, die regelmäßig bei Vereinsfeierlichkeiten oder weiteren städtischen Anlässen auftraten. Im November 1863 wurde dann die „freiwillige Turnerfeuerwehr“ ins Leben gerufen.

Zur Pflege der Geselligkeit im Verein organisierte der Schweriner Männer-Turn-Verein des weiteren zahlreiche Festlichkeiten bzw. Feierlichkeiten. Während eines derartigen Festes, am 4.Dezember 1863, konnte der Verein seine erste – von Frauen und Jungfrauen (!) der Stadt sowie dem Verein gestiftete – Fahne einweihen.

Turnen in SchwerinIm Jahr 1863 trat der Schweriner Männer-Turn-Verein auch dem Deutschen Turnerverband bei.

Marko Michels

Aufnahmen:

Michels (2)

Deutsche Olymp. Gesellschaft (2)

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